15 Jahre Arnold Classic Amateur: Wie schlugen sich die Gesamtsieger im Profi-Business?

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Die Arnold Classic ist nicht nur nach dem Mr. Olympia der wichtigste Bodybuildingwettkampf der Welt. Die Gesamtsieger der Amateur-Veranstaltung erhalten mit der Pro Card auch Zutritt in einen elitären Kreis. Mit Andrew Jacked sorgt der aktuelle Gewinner der Arnold Classic Amateure für Furore im Profi-Lager. Grund genug einen Blick zurückzuwerfen, was aus anderen Gesamtsiegern der Arnold Classic Amateur wurde.

Der Mr. World Wettkampf 1970: Arnold lernt Jim Lorimer kennen

Der Ursprung der Arnold Classic geht auf einen Wettkampf im Jahr 1970 zurück. Der Sportpromoter Jim Lorimer veranstaltete in Columbus einen Wettkampf namens Mr. World, zu dem er Arnold Schwarzenegger einlud. Der Österreicher gewann nicht nur den Wettkampf, sondern mit Lorimer auch einen neuen Wegbegleiter. Damals soll Schwarzenegger bereits geschworen haben, eines Tages nach Columbus zurückzukehren, um dort Wettkämpfe zu veranstalten.

Nachdem Schwarzenegger von 1970 bis 1975 selbst den Mr. Olympia gewonnen hatte, beteiligte er sich selbst als Veranstalter am wichtigsten Bodybuildingwettkampf. Gemeinsam mit Lorimer holte er die Mr. Olympia Veranstaltung zwischen 1976 und 1986 ganze sechsmal nach Ohio, bevor er 1989 die Arnold Classic ins Leben rief.

Arnold Classic: vom Bodybuildingwettkampf zum Sportwochenende

Der erste Sieger der Arnold Classic sollte Rich Gaspari sein, der im Jahr zuvor noch zweiter beim Mr. Olympia wurde. Mit den Jahren folgten weitere bekannte Namen wie Shawn Ray, Kevin Levrone, Nasser El Sonbaty, aber auch Ronnie Coleman oder Jay Cutler. Deutschen Fans wird darüber hinaus der Sieg von Dennis Wolf im Jahr 2014 lange in Erinnerung bleiben.

Die Arnold Classic selbst wandelte in den Jahren ihr Bild. Aus einem reinen Bodybuildingwettkampf wurde ein Sportwochenende, bei dem auch Kampfsport oder Gymnastik früh hinzukamen. Seit 2006 wird die Veranstaltung daher als Arnold Sports Festival bezeichnet, wobei die Arnold Classic bis heute als Begriff für den Bodybuildingwettkampf genutzt wird. Es folgten weitere Arnold Classic Veranstaltungen in Europa, Brasilien oder Hongkong. Das Original bleibt aber zweifelsfrei die Veranstaltung in den USA.

Die klare Regelung, dass man durch den Sieg der Arnold Classic Amateur auch die Pro Card erhält, war in dieser Form nicht immer so. Im Jahr 2011 gab es beispielsweise in der us-amerikanischen Bodybuildingszene einige Diskussionen, dass amerikanische Athleten durch den Sieg keinen Zutritt ins Profilager erhielten. Dies war auf Verbandsstrukturen zurückzuführen, die heute nicht mehr existieren und änderte nichts an der Attraktivität des Amateur-Wettkampfes für nicht-amerikanische Athleten, um sich dort für die Profis zu qualifizieren. Im Folgenden soll ein Blick zurück geworfen werden.

15 Jahre Arnold Classic Amateure

Die Bodybuildingveranstaltung für Amateurathleten reicht bis in das Jahr 2007 zurück. Der erste Gesamtsieger war Miguel Neil, der 2014 zu 44 Jahren Haft wegen bewaffnetem Raub verurteilt wurde. Andere Athleten schafften es ihr Talent dagegen deutlich sinnvoller einzusetzen und ihren Weg im Wettkampfbodybuilding zu gehen.

Die 2000er: Tarek Elsetouhi, Roelly Winklaar und Essa Obaid

Ein Jahr nach Neil folgte der Ägypter Tarek Elsetouhi, welcher zum damaligen Zeitpunkt in Deutschland lebte. Elsetouhi beantragte im Anschluss an seinen Gesamtsieg die Pro Card und nahm noch im selben Jahr an seinen ersten Profi-Wettkämpfen teil. Deutsche Fans konnten den früheren Gesamtsieger der Internationalen Deutschen Meisterschaft im Jahr 2011 auf der FIBO-Bühne sehen. Dort nahm Elsetouhi am damaligen Profi-Wettkampf teil, den Dexter Jackson vor Ronny Rockel für sich entscheiden sollte.

Deutlich erfolgreicher war der Gesamtsieger der Arnold Classic 2009. Roelly Winklaar gelang es in den folgenden Jahren mehrere Siege bei den Profis zu erlangen und sich beim Mr. Olympia bis auf den dritten Platz vorzukämpfen. Ganz so gut lief es für Winklaars Nachfolger nicht. Essa Obaid dürfte vielen deutschen Fans dennoch bis heute in Erinnerung geblieben sein, nachdem Winklaar und Obaid in den 2000ern von Team Andro mehrfach begleitet wurden und auch gemeinsam vor der Kamera standen.

Matthias Botthof: der erste deutsche Gesamtsieger der Arnold Classic Amateur

Im Jahr 2011 gewann der erste deutsche Athlet seine Pro Card bei der Arnold Classic Amateur. Während David Hoffmann im Schwergewicht auf dem dritten Platz landete, sicherte sich Matthias Botthof den Sieg in dieser Klasse. Dass ihm der Gesamtsieg gelingen würde, war jedoch keinesfalls klar. Insbesondere das russische Wunderkind Alexey Lesukov, der damals einen großen Hype wegen seiner Muskelmasse erfuhr, galt als potenzieller Kandidat für den Gesamtsieg.

Botthof und Lesukov trafen im Gesamtsiegerstechen aufeinander. Der Deutsche konnte sich bekanntermaßen gegen den Russen durchsetzen, der im Schwergewicht noch den heutigen Profi William Bonac geschlagen hatte.

Matthias Botthof nahm an einigen Profi-Wettkämpfen teil, haderte aber immer wieder mit seinem Status und überlegte zwischenzeitlich sogar, sich wieder zu reamateurisieren. Eine Person, die ihn ganz klar davon abhielt, war sein heutiger Geschäftspartner Markus Rühl. Im Rahmen einer Mr. Olympia Berichterstattung machte Rühl deutlich, welche Besonderheit eine Pro Card im Schwergewichtsbodybuilding immer noch ist und nahm damit vermutlich nachhaltigen Einfluss auf Matthias Botthof.

Heute ist Botthof nicht nur in den sozialen Medien aktiv, sondern veranstaltete auch gemeinsam mit Markus Rühl verschiedene Seminare und ist Markenbotschafter von Rühls Supplementlinie. Darüber hinaus betreibt der Profi-Bodybuilder bis heute sein Studio in Gudensberg, in dem sich über die Jahre viele Amateure erfolgreich für die Bühne vorbereitet haben.

Stefan Havlik, Emiliano Dell’uomo und Kyung Won Kang

Es folgten drei Jahre, die aus heutiger Sicht weniger bekannte Athleten hervorbrachten. Dies mag auch daran liegen, dass Stefan Havlik, Emiliano Dell’uomo und Kyung Won Kang alle drei nicht die Schwergewichtsklassen gewannen und sich dennoch im Gesamtsiegerstechen durchsetzen konnten. Der Südkoreaner Kyung Won Kang gewann im Jahr 2014 sogar nur das Leicht-Schwergewicht und ließ im Gesamtsiegerstechen damit zwei massivere Athleten hinter sich.

Lukas Wyler bringt die Schweiz auf die Landkarte

Im darauffolgenden Jahr setzte Lukas Wyler sich nicht nur in seiner Klasse, sondern auch beim Gesamtsiegerstechen durch. Nachdem der Schweizer im Jahr zuvor noch den siebten Platz belegt hatte, gelang ihm 2015 der Gewinn der Pro Card. Der lange beim deutschen Sponsoren Weider unter Vertrag gewesene Profi war zweifelsohne ein Sympathieträger, konnte sich im Profigeschäft aber nie wirklich etablieren.

Die Masse des Landsmanns Jean-Pierre Fux, der in den 1990ern die Aufmerksamkeit auf sich zog, erreicht Wyler nie. Inzwischen ist es ruhig um den Schwergewichtsathleten aus dem Nachbarland geworden, aber vielleicht wird es in Zukunft noch einmal ein Comeback geben.

Sergey Kulaev gewinnt gegen Nicolas Vullioud

Nur ein Jahr später sollte mit Nicolas Vullioud der nächste Schweizer im Gesamtsiegerstechen stehen, allerdings den Russen Sergey Kulaev unterliegen, der zuvor noch Regan Grimes in seiner Klasse schlug. Während Kulaev im Profigeschäft wenig Aufmerksamkeit auf sich zog, kann man von Nicolas Vullioud etwas ganz anderes behaupten.

Der Schweizer, der lange mit Patrick Tuor zusammenarbeitete, war ein echter Muskelklotz und schaffte es während seiner aktiven Zeit bis auf die Mr. Olympia Bühne. Heute ist der ehemalige 212er-Athlet im Bodybuildingruhestand. Auch ohne Gesamtsieger bei der Arnold Classic geworden zu sein, ist er aber fraglos einer der erfolgreichsten hier aufgeführten Athleten.

Paul Poloczek tritt in die Fußstapfen von Matthias Botthof

Mit etwas Wehmut blickt man auf den Gesamtsieger der Arnold Classic Amateur 2017. Paul Poloczek gewann seine Klasse gegen den heute erfolgreichen Profi Andrea Presti und setzte sich auch im Gesamtsiegerstechen durch. Sein größter sportlicher Erfolg führte jedoch auch zu seiner größten sportlichen Niederlag. Bei seinem Profi-Debut im Folgejahr konnte Paul das Finale aufgrund von Magenproblemen nicht miterleben und musste den Wettkampf nach der Vorwahl abbrechen.

Im Mai 2022 verstarb Paul Poloczek überraschend im Alter von 37 Jahren. Seine Lebensgefährtin und die gemeinsame Tochter werden den sympathischen Schwergewichtsbodybuilder mit polnischen Wurzeln nie vergessen.

Mikhail Volinkin, Morgan Aste, Fabio Rezende und Andrew Jacked

Nachdem die Arnold Classic 2021 pandemiebedingt ausfiel, brachte der Wettkampf in den letzten fünf Jahren vier neue Profis hervor, die sich unterschiedlich gut etablieren konnten. Morgan Aste ist derzeit einer der schwersten Profi-Bodybuilder, doch die letzten Platzierungen in Tampa und Texas zeigen, dass es auf der Wettkampfbühne zum Teil auf ganz andere Dinge ankommt.

Deutlich beeindruckender ist Andrew Jacked der Wechsel ins Profi-Lager gelungen. Der diesjährige Sieger der Arnold Classic Amateure gewann mit der Texas Pro seinen ersten Profi-Wettkampf und qualifizierte sich damit für die Mr. Olympia 2022. Einige Fans sehen ihn bereits als zukünftigen Kandidaten auf den Sieg beim prestigeträchtigen Wettkampf, wobei dies möglicherweise etwas zu verfrüht ist. Auch ein Roelly Winklaar gewann nach dem Sieg bei der Arnold Classic Amateure seinen ersten Profi-Wettkampf und erreichte beim Mr. Olympia 2010 nur einen 14. Platz.

Andrew Jacked dürfte mit einer besseren Platzierung rechnen dürfen. Ob es aber für die Top 5 reichen wird, werden wir erst Ende des Jahres wissen. In jedem Fall hat Andrew Jacked das vielleicht größte Potenzial aller Arnold Classic Amateure Gesamtsieger. Man darf auf die weitere Entwicklung gespannt sein.

Autor: Dr. Frank-Holger Acker | Titelbild: Thomas Koch,  NPCNewsOnline, Matthias Busse

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