Manuel Bauer und Matthias Botthof diskutieren über Oldschool vs. Newschool

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Oldschool und Newschool sind zwei Lager, die das Bodybuilding in den letzten Jahren mehr oder weniger deutlich voneinander trennen. Während die einen Ganzkörpereinheiten oder Push-Pull-Beine propagieren, schütteln altgediente Sportler nur den Kopf, wenn ein Training nicht im hohen Bereich gesplittet wird. Doch die Sichtweisen prallen nicht nur beim Training aufeinander. IIFYM, Foam Rolling und Deloads sind nur drei weitere Begriffe, an denen sich die Diskussionspartner aufreiben können. Manuel Bauer und Matthias Botthof, die beide zweifelsfrei zu Veteranen des deutschen Bodybuilding zählen, diskutierten nun in einem aktuellen Youtube-Video über Oldschool vs. Newschool.

Oldschool vs. Newschool: Was auf der FIBO 2015 seinen Anfang nahm!

Dass wir heute immer wieder im Internet über die zwei Lager Oldschool und Newschool diskutieren, ist keinesfalls selbstverständlich. Vor fast zehn Jahren sah es so aus, als ob es abseits der alteingesessenen Bodybuilder zu einem Kulturwandel in der Fitnessszene kommen würde, der sich vor allem über das Internet verbreitete. Obwohl Bodybuilder wie Markus Rühl schon 2006 auf Youtube aktiv waren, mieden die Oldschool-Vertreter das neue Medium die meiste Zeit.

In dieses Vakuum traten andere Personen, die dem Sport zu großen Teilen längst wieder den Rücken zugekehrt haben. Doch die Geschichte hätte auch einen anderen Verlauf nehmen können, wenn es nicht die FIBO 2015 gegeben hätte. Im Jahr zuvor pilgerten erstmals nicht nur verstärkt Männer mit Bauchtasche und dickem Bizeps zur Fitnessmesse, sondern auch Halbstarke, die auf der FIBO keine Bodybuilder, sondern ihre eigenen Idole sehen wollten.

Der heutzutage als Influencer bezeichnete Personenkreis trieb die Newschool-Bewegung nicht nur voran, sondern die Oldschool-Fraktion in gewisser Weise auch in die Ecke. Die FIBO 2014 war zur Groupie-Veranstaltung geworden, was die Oldschool-Recken kalte erwischte. Ein Jahr später kam es zur Gegenreaktion.

Markus Rühl: „Jeder hat heutzutage einen Youtube-Channel…“

Insbesondere Markus Rühl bezog auch außerhalb der Bodybuilding-Plattformen Stellung und kritisierte in einem vielbeachteten Interview auf der FIBO 2015, dass alles und jeder heutzutage einen Youtube-Channel habe. Der ehemalige Schwergewichtsbodybuilder räumte ein, dass die Oldschool-Faktion die Außendarstellung lange vernachlässigt habe, forderte aber gleichzeitig auch, dass eine Person sich zunächst eine Berechtigung erarbeiten solle, bevor man damit begänne, im sich im Internet zu präsentieren.

Die Newschool-Bewegung hat dies zweifelsfrei nicht aufgehalten, aber dennoch dafür gesorgt, dass die Oldschool-Fraktion ab diesem Zeitpunkt präsenter in den sozialen Medien wurde. Seitdem gibt es anhalten Diskussionen, die von kleinen Nickligkeiten bis hin zu Grabenkämpfen reichen.

Manuel Bauer und Matthias Botthof beziehen Stellung

Der ehemalige IFBB Pro Matthias Botthof kann auf eine erfolgreiche Bodybuildingkarriere zurückblicken, die mit dem Sieg auf der Arnold Classic Amateure und der damit verbundene Pro Card einen absoluten Höhepunkt hatte. Diese Lizenz erhielt ein Manuel Bauer zwar nie, doch die sportliche Laufbahn des bayrischen Bodybuilders ist nicht weniger beeindruckend. Darüber hinaus verdiente sich Manual Bauer auch als Vorbereiter internationale Lorbeeren und verhalf unter anderem Ronny Rockel zu einigen seiner besten Platzierungen auf der Profi-Bühne.

Die Erfahrungen und das Wissen der beiden Männer haben sich über Jahre hinweg angesammelt. Beide sind mit der Oldschool-Kultur aufgewachsen und haben verschiedene Berührungspunkte mit den Newschool-Entwicklungen der letzten Jahre gemacht.

Informationsquellen waren früher weniger

Während man sich heutzutage über soziale Medien oder Youtube-Videos informieren würde, standen Sportlern früher nur Zeitschriften und insbesondere andere Trainierende im Studio als Informationsquellen zur Verfügung. Insbesondere erfahrene Sportler gaben ihr Wissen jedoch keinesfalls leichtfertig weiter. Trainingsanfänger musste gewissermaßen erst einmal beweisen, dass sie es tatsächlich ernst meinten, bevor man bereit war, Zeit und Wissen in diese zu investieren. Um so größer war jedoch auch die Autorität und der Wert von Tipps und Hinweisen.

Social Media sei dagegen aus Sicht von Manuel Bauer und Matthias Botthof Fluch und Segen zugleich. Es sei nunmehr deutlich einfacher, Informationen zu erhalten, jedoch würde dies auch dazu führen, dass die Entscheidung, wer gutes Wissen vermitteln würde, schwer zu fällen sei. Auf der einen Seite wird von Newschool-Vertretern darauf hingewiesen, dass ein dicker Ärmel keinesfalls bedeutet, dass jemand über viel Wissen verfügen würde. Auf der anderen Seite werden hohe Followerzahlen als Maßstab für die Kompetenz herangezogen.

Oldschool-Training ist Split-Training!

Bis wann jemand einen Ganzkörperplan trainieren solle, stand früher nicht zur Debatte. Es war klar, dass von Anfang an ein Split trainiert wird. Generell sei schweres und intensives Training stärker vorgelebt worden, was auch darin gelegen habe, dass die Studios von Betreibern geführt wurden. Während man heutzutage in Fitnessketten in der anonymen Masse untergehen würde, hätten die Besitzer früher ein Auge auf ihre Mitglieder gehabt und beispielsweise das Training von Grundübungen schon frühzeitig vermittelt.

Auch der heutzutage beliebte Push-Pull-Beine-Plan, der das Training ganzer Muskelketten in den Fokus stellt, sei damals nicht verbreitet gewesen. Es habe zwar durchaus 3er-Splits gegeben, die aber in anderer Form umgesetzt wurden.

Tendenziell habe Oldschool-Training einem 4er- oder 5er-Split entsprochen, bei dem auch die Beine nicht extra aufgeteilt wurden. Ebenso habe es keinen Deload gegeben. In diesem Zusammenhang weist Manuel Bauer darauf hin, dass Bodybuilding kein Kraftsport ist. Während es bei solchen Sportarten sinnvoll sei, um einem Wettkampf herum, bei dem maximale Lasten bewegt werden, den Trainingsumfang anzupassen, sollte die Autoregulation für Bodybuilder im Fokus stehen. Gerade der Vergleich von zwei Trainingseinheiten sei wenig aussagekräftig, da viele Faktoren einen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit ausüben. Eine vermeintlich schlechte Einheit sei demnach weder unproduktiv noch erfordere dies einen Deload.

„Perfekt ist der Feind von Gut!“, fasst Matthias Botthof den Standpunkt der beiden Oldschool-Bodybuilder zusammen. Anstatt im Studio Gas zu geben, würden die Leute sich heutzutage im Informations- und App-Jungle verlieren.

Newschool hat auch Vorteile fürs Training

Doch nicht alles ist schlecht. Die Ausstattung von Studios habe sich deutlich verbessert. Insbesondere Maschinen seien ausgefeilter geworden, was ein effektiveres Training erlaubt. Manuel Bauer vertritt den Standpunkt, dass Bodybuilder, die keine Maschinen nutzen, letztendlich Potenzial verschenken oder, wie beispielsweise beim schweren Bankdrücken, nur unnötige Verletzungen riskieren würden.

Die Ernährung profitierte von der Newschool-Bewegung

Während Manuel Bauer und Matthias Botthof die Entwicklungen beim Training eher kritisch sehen, stimmen beide darin überein, dass die Newschool-Bewegung einen positiven Einfluss auf die Ernährung im Bodybuilding gehabt habe. Beide erinnern sich noch an ihre ersten Wettkampfdiäten, die von völligem Fett- und Salzverzicht geprägt waren. Hühnchen wurde in Wasser gekocht, Wasser wurde möglichst natriumarm ausgewählt und Eiweißpulver oder Aminosäurenprodukte waren in der Vorbereitung tabu, da man Angst hatte, dass diese Supplemente Wasser ziehen würden.

Hier hätte sich der Kenntnisstand in vielerlei Hinsicht zum Positiven entwickelt, wobei auch diese Veränderungen eskalieren können. Insgesamt würden die Vorteile jedoch überwiegen. Nahrungsergänzungsmittel würden auch zunehmend zum Erhalt der Gesundheit beitragen und insbesondere die Reduzierung von Fleischprodukten sei mit Hilfe von Eiweißpulvern deutlich einfacher als es noch früher der Fall war.

Wer wissen möchte, warum Matthias Botthof für Fläschchen mit Flüssigkeit darin, die im Kühlschrank standen, von seiner Mutter eine Schelle bekam, und wie die beiden zu Mobility und Foam Rolling stehen, sollte einen Blick ins aktuelle Video auf dem Youtube-Channel von Matthias Botthof werfen.

(fha) | Titelbild: Youtube

1 KOMMENTAR

  1. Warum man Bodybuilding in diese zwei Lager teilt, die sich z.T. heftige Diskussionen und Anfeindungen liefern, bleibt mir verschlossen. Geht es doch beiden darum, ein Maximum aus einem Muskelaufbautraining zu gewinnen. Und das tun sie beide. Jeder hat auf seine Weise eine Methode gefunden, Muskeln zu entwickeln und viele Wege führen nach Rom. Jeder Körper hat seinen eigenen Stoffwechsel, seinen eigenen Rhythmus in Erholung und Ernährung. Dies sollte immer berücksichtigt werden – es gibt im Bodybuilding keinen Kardinalsweg, kann es auch nicht. Und das selbst überaus beeindruckende und erfolgreiche Bodybuilder vergangener Zeiten andere Wege zu Muskeln gegangen sind, bewies damals schon Serge Nubret mit seinem „speziellen“ Trainingssystem und auf der anderen Seite auch Mike Mentzer, Boyer Coe, Casey Viator, Sergio Oliva und Co. Also zu sagen, dass es nur EINEN richtige Weg zu Muskeln gibt, ist schwachsinnig und irgnorant, denn auch wissenschaftliche Erkenntnisse in Trainingsphilosophien, Ernährungsstrategien u.a. Faktoren sind mittlerweile auf einen anderen Stand und entwickeln sich stetig weiter. Man sollte also nicht wegschauen, sondern hinsehen – vielleicht ist ja da etwas auch für den einzelnen Sportler dabei. Je mehr ich weiß, desto besser ist es doch. Engstirnigkeit, mangelnde Offenheit für etwas Neues zeigt einen beengten Geist, der nicht wahrhaben will und kann, dass alles im Wandel ist. Wichtig ist das Ergebnis: Muskeln! Also kein Neid, wenn andere manchmal vermeindlich leichtere Wege gefunden haben diese zu entwickeln und das Niveau der Oldschooler nicht nur erreichen, es sogar auch noch übertreffen – Was sonst noch notwendig ist, um diese Art von Muskulatur zu entwickeln sollte im übrigen doch jedem bekannt sein.
    Das die Menschen sich auch im Sport und den Fitnessstudios entfremden und entfremden lassen, ist leider eine sehr traurige Entwicklung – Allerdings hindert niemand jemanden mit seinem Trainingsnachbarn Kontakt aufzunehmen, ihn um Unterstützung beim Training zu bitten, nachdem er seine Ohrstöpsel herausgezogen hat und vielleicht mit ihm gemeinsam einen Proteindrink an der Theke zu nehmen, wie es früher üblich war, anstatt das nächste Video oder Spiel auf seinem Handy auszuprobieren. Es liegt an uns, wohin wir gehen oder uns führen lassen – an uns allein!

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