Branch Warren: Der texanische Hardcore-Bodybuilder

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Rostige Gewichte, bekritzelte Wände und ein staubiger Tresen – das legendäre MetroFlex Gym im texanischen Arlington ist bekannt für seine schlichte Ausstattung, die allseits vorgelebte Hardcore-Trainingsphilosophie und natürlich das bekannteste Mitglied: Ronnie Coleman. Doch Jahre nach dem Karriereende des Kings entsprang ein weiterer Weltkasse-Bodybuilder dem Oldschool-Gym aus dem Süden der Staaten. Zwei Gesamtsiege bei der Arnold Classic und zwei Platzierungen auf dem Treppchen des Mr. Olympia Wettbewerbs sprechen eine klare Sprache: Branch Warren gehörte eine Zeit lang zu den erfolgreichsten Athleten dieses Planeten.

Denkt man hierzulande an Branch, dringt einem vielleicht zunächst der Herbst seiner erfolgreichen Karriere ins Gedächtnis. Ein von verschiedenen Verletzungen geprägter Körper – fragwürdige Linie und nicht gerade einwandfreie Symmetrien inklusive. Zudem hatte der US-Amerikaner teils mit fehlender Härte und starken Formschwankungen auf der Bühne zu kämpfen. Diese Umstände lagen allerdings bei weitem nicht immer so vor.

Bereits auf der High-School begann Branch mit dem Bodybuilding. Er war vielleicht niemals der talentierteste oder per se schönste Athlet, seine Trainingsphilosophie beinhaltete allerdings überaus harte Arbeit und eine nahezu allumfassende Opferbereitschaft. Auf seine Vorbilder angesprochen, benannte Branch einstmals Ronnie Coleman und Dorian Yates. Beide pflegten es, ihre wahnsinnigen Muskelberge mit sehr schweren Gewichten und nicht zwingend der saubersten Ausführung zu generieren. Ronnie und Dorian hatten wahrscheinlich auch deswegen häufig mit Verletzungen zu kämpfen, besagtes Schicksal sollte auch den jungen Branch später treffen.

Bereits mit 17 Jahren gewann der Texaner seinen ersten großen Wettbewerb. Den Titel des AAU Teenage Mr. America konnte der junge Branch nur ein Jahr später beim NPC (dem größten Amateur-Bodybuilding-Verband in den USA) verteidigen und sich selbst beweisen, dass er das Zeug dazu hatte, hochklassige Gegner auf der Bühne zu bezwingen. Über den Gewinn der US-Amateurmeisterschaft gelangte er gut ein Jahrzehnt später an die Pro Card und benötigte zunächst einige Jahre, bevor erste Siege auf der Tour eingefahren werden konnten.

Parallel zu seiner Bodybuilding-Karriere baute sich Branch ein eigenes Logistik-Unternehmen auf. Er bezeichnet sich selbst als ein Arbeitstier, das zwei bis drei Stunden täglich in seinen Sport und die restliche Zeit in andere Dinge investiert. Fünf bis sechs Stunden Schlaf – mehr benötigte der Texaner nach eigenen Aussagen nie. Wie der große Ronnie vor ihm, zeigte Branch, dass Profi-Bodybuilding und ein weiterer Beruf durchaus miteinander vereinbar sind.

Sportlich betrachtet gehörten die Beine immer zu den absoluten Stärken des US-Amerikaners. Nach seinem Wechsel in den Pro-Zirkus musste Branch besonders in Sachen Arme und Rücken zulegen, um in die Spitze vorstoßen zu können. Als ihm dies vermehrt gelang, belohnten die Judges seine Entwicklung mit immer stärkeren Platzierungen: 2., 7., 4., 3., 3., 1., 1. – seine Platzierungen bei der Arnold Classic zwischen 2006 und 2012 verdeutlichen, dass Branch über Jahre hinweg vorne mitspielte, zunächst allerdings häufig knapp am Ziel vorbei schlitterte.

Auch auf der größtmöglichen Bühne musste sich der US-Amerikaner nicht verstecken. 2009, im Rahmen der siegreichen Mr. Olympia Zurückeroberung von Jay Cutler, präsentierte sich Branch in einer überragenden Verfassung und belegte den zweiten Rang. Vorjahressieger Dexter Jackson und auch die wenig später derart erfolgreichen Jungspunde Phil Heath und Kai Greene mussten dem brettharten Texaner den Vortritt lassen. Zwölf Monate später gelang Branch ein weiteres Mal aufs Treppchen – zwischen 2009 und 2012 gehörte er der absoluten Elite im Profibodybuilding an.

Branch ist, davon abgesehen, ein ganz besonderer Typ. Viele bezeichnen ihn als einen Vorzeigetexaner: Harte Schale, weicher Kern. Er lebt mit seiner Familie auf einer Ranch im Nirgendwo, bezeichnet die Jagd als sein größtes Hobby, geht Konfrontationen nicht zwingend aus dem Weg und nimmt niemals ein Blatt vor den Mund. Zugleich gilt er als liebevoller Familienvater, nahbarer Publikumsliebling (hierzulande eher weniger – in den USA allerdings absolut) und treuer Freund. Er arbeitet hart, hat sich viel aufgebaut und engagiert sich in seiner Nachbarschaft und Gemeinde.

Auch in Sachen Bodybuilding schieden sich die Geister an Branch. Die Qualität seiner Beine wurde wahrscheinlich nirgendwo ernsthaft in Frage gestellt, doch seine Arme hingen in den Augen vieler Zeit seiner Karriere hinterher. Allerdings stimmte die Form in seinen Hochzeiten praktisch immer, die positive Entwicklung seiner Schwachstellen konnte man von Wettkampf zu Wettkampf bezeugen und doch behaupteten wahrscheinlich nicht allzu viele Fans, einen Athleten mit einer wirklich schönen Linie auf der Bühne zu betrachten. In Kombination mit seiner Persönlichkeit spaltete sich das Publikum häufig in zwei Lager: Pro oder contra Branch – gleichgültige Neutralität war in Bezug auf den Texaner keine Option.

Die Tatsache, dass der Familienvater im legendären MetroFlex Gym trainierte, neben seiner Bodybuilding-Karriere noch weitere Ziele verfolgte, freie Gewichte häufig den Maschinen vorzog und einfach über eine etwas rauere Persönlichkeit verfügte, brachte ihm schnell das Prädikat Hardcore-Bodybuilder ein. Schaut man sich auch heutzutage noch Trainingsvideos oder Interviews mit Branch an, wird einem schnell bewusst, dass besagte Beschreibung durchaus zutreffend ist.

Ein Hardcore-Bodybuilder mit streitbarer Persönlichkeit und nicht unumstrittenen sportlichen Erfolgen – der Profiszene tat Branch Warren zweifelsohne gut. Er sorgte für Gesprächsstoff, unterschied sich optisch von vielen seiner Konkurrenten und bot dennoch eindeutig besonders in seinen starken Jahren ein sportlich betrachtet tolles Gesamtpakt an. Auch wenn es hierzulande – wahrscheinlich auch nach diversen Fehden mit dem allseits beliebten Dennis Wolf – vielleicht nicht gerade allzu viele Fans des Texaners gibt: Branch hat dem Bodybuilding definitiv seinen Stempel aufgedrückt.

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Quelle Bilder: Branch WarrenPer BernalMatthias Busse

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