Obwohl beim Krafttraining und Ernährung für Frauen im Grunde dieselben Spielregeln gelten wie für Männer, so liegt der Teufel doch wie so oft im Detail. Eine unterschiedliche Körperzusammensetzung, ein geringerer Energiebedarf, sowie hormonelle Faktoren rechtfertigen eine differenzierte Betrachtung der weiblichen Körper- und Leistungsentwicklung. Im folgenden Artikel sollen daher Supplemente im Fokus stehen, die für Frauen besonders sinnvoll sind oder eben auch nicht.
Wie du als Frau die richtigen Supplemente findest: Welche Produkte ergeben Sinn (für Frauen)?
Unabhängig davon, ob du ein Mann oder eine Frau bist, sind lange nicht alle erhältlichen Supplemente auf dem Markt auch sinnvoll. Daher solltest du ein paar generelle Grundsätze beachten, die dir die Wahl der richtigen Ergänzungen leichter macht. Was macht also ein gutes Supplement aus?
Zuerst einmal solltest du überlegen, ob das Supplement dazu in der Lage ist, dich bei der Erreichung deines Ziels zu unterstützen. Wenn dein Ziel zum Beispiel der Aufbau von Kraft und Muskeln ist, kann ein gutes Whey-Protein dir dabei helfen – Carnitin dagegen eher weniger.
Anschließend musst du dir klarmachen, ob dort wirklich dein Engpass liegt. Um im selben Beispiel zu bleiben: Wer bereits problemlos seinen Proteinbedarf mit hochwertigen Proteinen deckt und auch nach dem Training direkt genügend Eiweiß zur Hand hat, profitiert von einer zusätzlichen Portion Whey nur bedingt.
Nachdem du deinen Bedarf kennst und auch ein Supplement identifiziert hast, das deinen Engpass ausfüllt, solltest du überprüfen, ob das Supplement eine erwiesene Wirkung hat. So stellen beispielsweise Kreatin und Koffein sehr gut untersuchte und wirksame Supplemente (für Frauen) dar. Ergänzungen wie Glutamin zeigten dagegen in den meisten Untersuchungen eher einen geringen Effekt.
Das bedeutet natürlich nicht, dass Supplemente nicht für dich funktionieren können, nur weil es in keiner Studie steht. Solche Supplemente gehören allerdings eher auf die „Kann-Liste“ und sollten in der Priorisierung weiter unten stehen.
Welche Supplemente für Frauen helfen beim Muskelaufbau?
Wie bereits erwähnt, können nach dem beschriebenen Vorgehen je nach Zielsetzung Frauen durchaus dieselben Supplemente verwenden wie Männer, sollten aber noch einige Details beachten. So sollten wir uns einerseits dafür aussprechen, auch typische Männer-Supplemente für Frauen zu empfehlen, wenn diese sinnvoll sind.
Ein wahrer Klassiker unter den Supplementen für Männer ist beispielsweise Kreatin, das bei Frauen dagegen häufig gemischte Gefühle hervorruft. Zwar ist die leistungssteigernde Wirkung bekannt und konnte auch in Studien an Frauen nachgewiesen werden, jedoch fürchten noch immer viele Frauen die unliebsamen Wassereinlagerungen. Ob und wie stark diese auftreten ist allerdings individuell stark verschieden.
Zudem sammelt sich eingelagertes Wasser durch die Einnahme von Kreatin in der Muskelzelle und nicht zwischen Muskeln und deiner Haut. Wenn du also wegen Kreatin das Gefühl hast, aufgeschwemmt auszusehen, hast du vielleicht auch einfach paar Gramm Maltodextrin zu viel in deinem Post-Workout-Shake gemischt. Und selbst wenn das nicht so wäre, so ist dieser Effekt von Kreatin leicht reversibel und löst sich wenige Wochen nach der letzten Gabe in Luft auf.
Obwohl manche Studien geschlechterspezifische Unterschiede in der Reaktion auf Kreatin festgestellt haben, ist die Suche nach dem Kreatin-Non-Responder (für den Mann und Frau sich gleichermaßen gerne halten würden) keine Frage des Geschlechts. Viele weitere wissenschaftliche Untersuchungen berichten daher eher von einem sinnvollen Nutzen von Kreatin für Frauen.
Daher ist Kreatin auch ein absolut sinnvolles Supplement für Frauen und sollte keinesfalls wegen unerwünschten Nebenwirkungen gemieden werden. Wichtig ist bei allen Supplements eine angepasste Dosierung anhand des Körpergewichts oder der Magermasse für Frauen vorzunehmen.
Ähnliches gilt auch für die Verwendung von Whey–Protein. Auch wenn man es dir gerne so verkaufen möchte, es muss nicht das bio-vegane mit Agavendicksaft gesüßte Proteinpulver aus dem Reformhaus sein.
Mach dir bewusst, dass nicht nur der Fitnessmarkt als Ganzes boomt, sondern seit längerem auch Produkte gezielt für Frauen hergestellt werden, um neue Absatzmärkte zu erschließen. Frauen profitieren dabei allerdings ebenso wie Männer von hochwertigem Protein in ausreichender Menge und können daher ebenso gut zu einem normalen Whey-Konzentrat oder Whey Isolat greifen.
Vor allem Letzteres erscheint aufgrund der geringeren Kohlenhydratmenge und des verbesserten Protein-Kalorien-Verhältnisses interessant für Frauen zu sein. Alternative Süßungsmittel im „Lady-Whey“ können dieses Verhältnis dagegen relativieren. Achte daher darauf, ein hochwertiges Whey-Protein zu verwenden, um deinen Bedarf zu decken und deine Proteinsynthese anzuregen. Mengenmäßig gelten für Frauen und Männer gleichermaßen 1,7 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht als absolut ausreichend für den Muskelaufbau. In der Diät darf es etwas mehr sein.
In Zusammenhang mit der sportlichen Leistung und körperlichen Entwicklung sind weiterhin auch die Verwendung von Beta-Alanin oder HMB als Supplemente für Frauen ebenso zu empfehlen wie für Männer. Für Beta-Alanin berichtet eine Studie aus dem Jahr 2007 von Stout und Kollegen leistungssteigernde Effekte bei Frauen ebenso wie bei Männern.
Wer möchte, kann sein Training ebenso mit koffeinhaltigen Nahrungsergänzungen und Pump-Supplements wie Arginin oder Citrullin ergänzen oder auch auf Pre-Workout-Booster zurückgreifen. Auch diese Helferlein sind für Frauen im Krafttraining ebenso nützlich wie für Männer. Vor allem Arginin kann laut einigen Untersuchungen weitaus mehr, als die Muskeln aufzupumpen. In einer Dosierung von 150 mg je Kilogramm Körpergewicht sorgt die Aminosäure bei Männern und Frauen für eine akute aerobe und anaerobe Leistungssteigerung, sowie für eine Senkung des Blutdrucks durch die Weitstellung der Gefäße.
Für das Cardio-Training sind laut Studien vor allem Koffein (2-6 mg / Kg KG) und Natrium-Bicarbonat (300 mg / Kg KG) zu empfehlen. Studien sprechen hierbei besonders ausdrücklich von einer identischen Reaktion aller Geschlechter, sofern die Dosierung an das Körpergewicht angepasst wird.
Gesundheitlich relevante Supplemente für Frauen
Abgesehen von der sportlichen Leistung dienen Supplemente auch dafür, den Bedarf an lebenswichtigen Vitaminen und Mineralstoffen zu decken. Ein Mangel kann die Leistungsfähigkeit einschränken. Aufgrund der geringeren Körpermasse ist die empfohlene absolute Zufuhrmenge bei Frauen zwar häufig etwas geringer, jedoch solltest du dabei auch die geringere Kalorienaufnahme berücksichtigt werden. Die Dichte an Mikronährstoffen in deiner Ernährung sollte also mindestens so hoch sein wie bei Männern.
Darüber hinaus haben Frauen auch einen erhöhten Bedarf an einzelnen Mikronährstoffen wie beispielsweise Eisen oder je nach Lebenssituation auch Folsäure. Je nach individueller Ernährungsweise kann dadurch schnell ein Mangel entstehen – vor allem bei bewusst geringer Kalorienzufuhr im Rahmen einer Diät. In diesem Fall sind gezielt eingesetzte Supplemente für Frauen häufig Pflicht. Doch auch bei isokalorischer Ernährung solltest du einige Nährstoffe besonders beachten.
So erreichen Frauen je nach Altersgruppe schon durch eine normale Ernährungsweise zu 79 – 91 Prozent nicht die Zufuhrempfehlungen für Folsäure von ca. 250 mg pro Tag. Ähnlich sieht es bei der Versorgung mit Vitamin D aus. Sowohl Frauen als auch Männer erreichen laut der Nationalen Verzehrs Studie II nicht die empfohlene Menge des Sonnenvitamins. Bei Frauen ist der Mangel jedoch besonders drastisch. Bis zu 96 % der Frauen nehmen zu wenig Vitamin D auf.
Ebenso verhält es sich mit Jod. Ca. 97 Prozent der Frauen (aber auch bis zu 96 Prozent der Männer) sind mit Jod unterversorgt. Dass eine Supplementierung zur Bedarfsdeckung beiträgt, zeigt bei diesem Nährstoff eindrücklich die Verwendung von fortifiziertem Jod-Salz, das die unterversorgten Männer auf 28 Prozent und die Frauen auf 53 Prozent drückt. Dennoch besteht hier vor allem bei Frauen Handlungsbedarf.
Beim klassischen Mangelnährstoff Eisen fällt bei Frauen ohne Supplementierung jedoch besonders der Unterschied zu Männern auf. Während im Durchschnitt Männer aller Altersgruppen die Zufuhrempfehlung erreichen, sind Frauen unter 50 Jahren zu 75 Prozent unterversorgt. Je nach bisheriger Ernährungsweise profitieren Frauen ebenso wie Männer auch von einem guten Omega-3-Supplement, um den Bedarf zu decken.
Anhand dieser Beispiele erscheint eine Supplementierung von Eisen, Folsäure, Vitamin D und Jod naheliegend. Für eine zusätzliche Zufuhr dieser Stoffe sollte jedoch auch tatsächlich ein Mangel vorliegen. Ein Blutbild kann dir darüber Aufschluss geben. Sofern du nicht an einer Unterversorgung eines bestimmten Nährstoffes leidest, wird auch eine erhöhte Zufuhr nicht viel für dich tun.
Worauf Frau eher verzichten kann
Obwohl es für Frauen in vielen Fällen mindestens ebenso sinnvoll ist, auf wirksame und gut untersuchte Supplemente zurückzugreifen, gibt es durchaus auch Gegenbeispiele. So haben sich beispielsweise Testosteron-Booster auch für Männer eher als wirkungslos herausgestellt.
Weitere Supplemente für Frauen, die es auf die Liste der verzichtbaren Ergänzungen geschafft haben, sind alle Arten von Fat-Burnern. Das Einzige, was wirklich zuverlässig Fett verbrennt, ist ein Kaloriendefizit – und das ist umsonst. Unterstützende Supplemente in einer Diät sind zwar nicht wirkungslos, sind aber für die allermeisten Anwenderinnen nicht der größte Hebel.
Fazit
Generell sind viele Supplemente für Frauen ebenso wirksam wie für Männer. Eine dogmatische Unterscheidung des Bedarfs ist daher veraltet und hindert Frauen nicht selten daran, zu wirksamen aber unpopulären „Männer-Supplementen“ zu greifen. Doch auch Frauen benötigen für ihren Erfolg im Training und ihre Gesundheit keine Geheimzutaten und auch keine bunten Verpackungen.
Bei erhöhten Bedarf oder unzureichender Zufuhr einzelner Mikronährstoffe ergibt eine geschlechtsspezifische Supplementation durchaus Sinn. Für alles andere sind die seit Jahren gut untersuchten und wirksamen Supplement-Klassiker auch für Frauen empfehlenswert
Autor: Alexander Seifried – Bilder: Mirjam Rodrigues Da Silva, shutterstock.com, Matthias Busse