Risiken einer Diät für Frauen

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Vermutlich jede Frau wird schon einmal eine Diät gemacht haben. Während dabei die Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit langfristig bei beiden Geschlechtern eingeschränkt wird, sind es vor allem Frauen, die durch eine stark reduzierte Energiezufuhr gesundheitliche Risiken eingehen. Wo liegt also die Grenze zwischen einer disziplinierten Ernährungsweise und gesundheitsschädlichem Hungern? Welchen körperlichen Einschränkungen können bei Frauen auftreten und wie kann man sie vermeiden? Das Konzept der Energieverfügbarkeit gibt eine Antwort.

Wenn Diäten gefährlich werden – Welche Risiken birgt eine harte Diät für Frauen?

Frauen wie Männer versetzen ihren Körper in einer strengen Diät in einen Ausnahmezustand. Der Körper reagiert auf eine „unzureichende“ Energiezufuhr nicht nur mit dem gewünschten Abbau von Körperfett, sondern schränkt auch bald weitere Funktionen ein, um energiesparend arbeiten zu können. So sind allgemeine Müdigkeit, Kraftlosigkeit, oder verlängerte Regenerationszeiten gängige Nebenwirkungen einer Diät, die in den meisten Fällen jedoch vertretbar sind und durch ein moderates Energiedefizit und ein angepasstes Trainings- und Alltagsverhalten kontrollierbar bleiben.

Je weiter eine Diät fortschreitet, beziehungsweise je größer das Kaloriendefizit ist, desto wahrscheinlicher werden weitere Einschränkungen wie Kreislaufschwäche, Dehydrierung, Elektrolytstörungen und Mikronährstoffmangel, sowie eine erhöhte Verletzungsanfälligkeit und ein geringerer Ruheenergieverbrauch. Weiterhin nimmt die Wahrscheinlichkeit für Veränderungen des Blutzuckers, des Lipidprofils und der Immunfunktionen zu.

Speziell bei Frauen wirkt sich jedoch ein hohes Energiedefizit noch deutlicher auf die gesundheitliche Verfassung aus, sodass ein Mangel an Gesamtenergie und Nährstoffen Auswirkungen auf den Hormonhaushalt und damit auf den weiblichen Zyklus hat.

Die athletische Triade: Wenn der Körperfettanteil bei Frauen zu niedrig ist

Ein häufig zu beobachtender Symptomkomplex bei hochtrainierten Frauen ist die sogenannte Female Athlete Triad (FAT), die sich aus den Symptomen Energiedefizit, verringerte Knochendichte und gestörter Menstruation zusammensetzt. Dabei ist wichtig zu beachten, dass die einzelnen Symptome nicht unabhängig voneinander auftreten, sondern kausal zusammenhängen und das Energiedefizit als gemeinsamen Auslöser haben.

Eine Diät kann sich spürbar auf den weiblichen Zyklus auswirken. Das Energiedefizit reduziert dabei die Ausschüttung der anabolen Hormone wie Insulin und Wachstumshormone oder Wachstumsfaktoren wie IGF-1 und erhöht gleichzeitig die Produktion von Cortisol. Diese hormonellen Veränderungen wirken auf den Hypothalamus und verursachen eine verringerte Ausschüttung der Hormone GnRH (Gonadotropin Releasing Hormon) und damit auch des Gonadotropins LH (Luteinisierendes Hormon). Die zu geringe Konzentrationen der Gonadotropine verhindert den Zyklus. Dies kann weitere Folgen wie beispielsweise eine verringerte Knochendichte nach sich ziehen.

Auf diese Wiese führt eine dauerhafte starke Unterversorgung mit Kalorien und Nährstoffen sowohl direkt über geringere Aufnahme von Calcium und Vitamin D als auch indirekt über die verringerte Ausschüttung metabolisch aktiver Hormone und Wachstumsfaktoren nicht nur für muskuläre Defizite, sondern auch für eine geringere Knochendichte. Darüber hinaus verursacht die Menstruationsstörung einen Mangel an Östrogen, das unter anderem auch resorptionssteigernd für Calcium wirkt. Östrogen ist außerdem ein natürlicher Osteoklasten-Hemmer wirkt. Das bedeutet, es bremst den Knochenabbau.

Die weibliche Triade geht besonders häufig mit einer krankhaften Störung des Essverhaltens einher, das besonders häufig bei Athletinnen ästhetischer Sportarten findet. So weisen über 40 Prozent der Elite-Sportlerinnen eine Essstörung und damit einen Risikofaktor für die Entstehung einer weiblichen Triade auf. Das American College of Sports Medicine fand dagegen bei College-Turnerinnen sogar einen Anteil an Essstörungen von 62 Prozent.

Natürlich wird nicht jede Diät zu einer Essstörung. Allerdings ist das Risiko dafür umso höher, je geringer die Energiezufuhr und je restriktiver das Essverhalten wird. Lange Diätphasen stellen insbesondere bei Frauen den größten Risikofaktoren für die Entwicklung eines gestörten Essverhaltens dar. Wie viel ist also zu wenig?

Die Energieverfügbarkeit

Wie hoch ein Kaloriendefizit maximal sein darf, um unerwünschte Nebenwirkungen einer Diät zu vermeiden, kann nicht pauschal beantwortet werden. Die Minimalzufuhr bemisst sich am individuellen Gesamtenergiebedarf einer Person und ist damit abhängig von Trainingspensum und Aktivität.

Wie hoch darf ein Kaloriendefizit in einer Diät bei Frauen maximal sein?

Die Energieverfügbarkeit gibt in diesem Zusammenhang an, wie viel Nahrungsenergie nach Abzug der Energie, die für körperliche Aktivität aufgewandt wird, für die Aufrechterhaltung physiologischer Prozesse übrig bleibt. Für alle die lieber mit Formeln, als mit Worten arbeiten, ist die Energieverfügbarkeit folgendermaßen zusammengefasst.

Energieverfügbarkeit (Energy Availability) = EA

Leistungsumsatz (Exercise Eenergy Expenditure)= EEE

Energieaufnahme (Energy Intake)= EI

Beispiel:

EEE: 1000 Kcal / Tag

EI: 3500 Kcal / Tag

EA: 2500 Kcal / Tag

Bei gleichbleibendem Energieaufnahme (EI) verringert ein höheres Trainingsvolumen die zur Verfügung stehende Energie (EA), sodass auch die Wahrscheinlichkeit schädlicher Diätfolgen mit zunehmendem Trainingsvolumen zunimmt. Es ist zu beachten, dass die Berechnung des Leistungsumsatzes (EEE) neben dem Energieumsatz des Trainings auch die Alltagsbewegung berücksichtigt. Eine Summe von 1000 Kcal pro Tag sind schnell erreicht. Der Unterschied zum Grundumsatz ist, dass dieser beschreibt, wie viel Energie dein Körper für die Aufrechterhaltung normaler Körperfunktionen bräuchte.

Da der Energieverbrauch direkt von der Menge der metabolisch aktiven Magermasse abhängig ist, lässt sich ein vergleichbarer Quotient bilden:

Beispiel-Athletin:

Körpergewicht: 60 Kg

Magermasse (FFM): 49 Kg

In dieser Rechnung weist die Athletin eine Energieverfügbarkeit von 51 Kcal pro Kilogramm fettfreier Masse auf. Dieser Wert liegt damit im risikoarmen Bereich.

Im Bereich von 30 bis  45 Kcal / Kg FFM spricht man bei Frauen von einer subklinisch geringen Energieverfügbarkeit. Diese kann über kurze Zeitspannen zwar toleriert werden, erfordert aber ein ausgewogenes Ernährungskonzept.

Bei gleichbleibender Magermasse und Leistungsumsatz (EEE) entspräche eine Energieaufnahme von (EI) von 2700 Kcal bereits einer EA von nur 35 Kcal / Kg FFM. Das soll verdeutlichen, dass bei einem hohen Energieverbrauch auch vermeintlich hohe Kalorienmengen in einer geringen EA resultieren können. Unterhalb von 30 Kcal / Kg FFM spricht man von einer klinisch geringen Energieverfügbarkeit mit dem Risiko der genannten Gesundheitsgefahren.

Der Grenzwert von 30 Kcal / Kg FFM läge in dieser Beispielrechnung bei 2470 Kcal bei einem Leistungsumsatz von 1000 Kcal / Tag. Eine Diät mit 1500 Kcal oder weniger pro Tag würde in diesem Beispiel zu einem Wert von 10 Kcal / Kg FFM führen, was deutlich zu wenig ist. Ein Abfall von 45 auf 30 Kcal / Kg FFM kann bereits nach 5 Tagen zu Menstruationsstörungen führen.

Was kann eine Frau gegen das Ausbleiben der Menstruation tun?

Eine geringe Energieverfügbarkeit ist der größte Risikofaktor für die Entstehung hormoneller und metabolischer Einschränkungen. Die weibliche Triade kann im schlimmsten Fall sogar bleibende Schäden wie Osteoporose oder Unfruchtbarkeit verursachen. Je nachdem wie ausgeprägt die einzelnen Faktoren vorliegen, kann die Therapie sehr langwierig sein. Die Korrektur des Essverhaltens ist der erste und wichtigste Schritt. Es müssen mehr Kalorien gegessen werden.

Allerdings sind auch bei höherer Energiezufuhr nach einer Diät langfristige Einschränkungen möglich. Der allgemeine Ernährungsstatus kann bereits nach Tagen oder wenigen Wochen optimiert sein. Die Regeneration des weiblichen Zyklus erfordert dagegen eine grundlegende Veränderung des Hormonhaushaltes und benötigt daher teilweise mehrere Monate.

Durch den sehr langsamen Turnover des Knochengewebes sind Einschränkungen an dieser Stelle besonders gravierend. Ist durch den Mangel an Energie und Mikronährstoffen erst einmal ein Schaden an der Knochenmineralisierung entstanden, kann es sogar Jahre dauern, bis sich der Zustand wieder normalisiert.

Eine schnelle Erhöhung der Energiezufuhr ist somit die beste Therapie und hat positive Auswirkungen auf den Zyklus und die Knochengesundheit. Aufgrund des hohen Risikos, das eine starke Unterversorgung mit sich bringt, sollte das Kaloriendefizit somit niemals so niedrig ausfallen, dass die oben dargestellten Bereiche unterschritten werden.

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Fazit zu radikalen Diäten bei Frauen

Ein hohes Energiedefizit kann bei Frauen eine Vielzahl an gesundheitlichen Einschränkungen verursachen. Die Ursache hierfür ist immer ein zu großer Energiemangel. Eine Energieverfügbarkeit von unter 30 Kcal / Kg FFM *Tag kann schon nach kurzer Zeit zu gesundheitlichen Schäden führen. Die bessere Alternative ist immer eine geduldige Diät. Aus diesem Grund sollten sich vor allem Frauen für Diäten mehr Zeit nehmen, damit auch bei geringeren Tagesdefiziten früher oder später die gewünschten Resultate erzielt werden.

Autor: Alexander Seifried

1 KOMMENTAR

  1. Grundsätzlich guter Artikel!
    Ergänzend zu erwähnen ist, dass die Schilddrüsenhormonproduktion durch falsche Diäten bis in eine echte Unterfunktion gezogen wird! Darum werden in der Szene auch Schilddrüsenhormone an die Mädels verteilt wie Bonbons!
    Neben Verlust an Knochen und Muskelmasse sowie der erwähnten Gefahr für Fruchtbarkeit droht auch ein langfristiger Stoffwechselschaden!
    In einer Langzeitstudie mit den Abnehmhelden der Biggest Loser Show zeigte sich eine lebenslange Senkung des Grundumsatzes von durchschnittlich 500 kcal!!
    Das bedeutet im Grunde lebenslänglich Diät, wenn Körpergewicht gehalten werden soll!

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