Der kosmetische und der produktive Pump im Bodybuilding

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In Zeiten von studienbasierten Trainingsplänen, die im Excel-Sheet zu Hause für die nächsten Quartale bereits vorausberechnet wurden, vergessen insbesondere jüngere Trainierende oftmals Tipps und Tricks, die sich zuvor jahrzehntelang im Bodybuilding bewährt hatten. Trainiert man heutzutage strikt nach Plan und misst seinen Trainingserfolg mittels Zahlen, die akribisch aufgearbeitet werden, so gab es in den goldenen Zeiten des Bodybuildings andere Faktoren, auf die die Trainierenden achteten. Einer davon war der Pump.

Diese Bemerkungen sollten nicht missverstanden werden. Selbstverständlich wissen auch heutzutage junge Bodybuilder den Pump zu schätzen und vermutlich ist er für viele immer noch „the greatest feeling“, wie Schwarzenegger es beschrieb. Allerdings wird der Pump oftmals – insbesondere im Zusammenhang mit Pump-Boostern – eher als Spaßfaktor deklariert, der eine nette Beigabe im Training wäre.

Ohne Frage stellt die mechanische Belastung den wichtigsten Faktor für effektiven Muskelaufbau dar. Wer mittels unzähligen Sätzen mit viel zu leichtem Gewicht den Muskel voller Blut pumpt, mag Spaß im Training gehabt haben, wird aber Potential beim Muskelaufbau verschenken, wenn das Training dauerhaft in dieser Weise gestaltet wird. Dennoch sollten wir den Pump nicht völlig vernachlässigen, wenn die Zielsetzung der Hanteleinheiten insbesondere das Formen der Muskeln ist.

Wie entsteht der Pump beim Bodybuilding?

Der Pump, den jeder schon insbesondere im Zusammenhang mit Hanteleinheiten kennengelernt hat, ist in erster Linie auf den Blutfluss zurückzuführen. Unserer Muskulatur wird mit unzähligen Blutgefäßen durchzogen, die für den Sauerstoff-, Nährstoff- und Abbauprodukte-Transport verantwortlich sind. Ohne den Lebenssaft gäbe es keine Muskelkraft.

Intensive Trainingseinheiten lassen nicht nur den Puls und damit den Blutfluss ansteigen, sondern führen auch zu einer Verlagerung der Versorgung. Da Training aus Sicht unseres Körpers nicht von einer Kampf- und Fluchtsituation unterschieden wird, werden unwichtige Systeme wie die Verdauung während des Trainings weniger gut durchblutet, um mehr Ressourcen für die Muskulatur zur Verfügung zu haben.

Bild: Larry Lunte

Der kosmetische Pump

Dabei können wir wie der us-amerikanische Autor Ivan Blazquez zwischen dem kosmetischen und dem produktiven Pump unterscheiden. Der kosmetische Pump ist demnach die Art von Muskelvergrößerung, die Bodybuilder insbesondere vor einem Wettkampf hinter der Bühne gezielt versuchen zu erreichen. Mittels Widerstandsbändern und im Einzelfall mehr oder weniger schweren Kurzhanteln wird versucht soviel Blut wie möglich in gewünschte Muskelbereiche des Oberkörpers zu bekommen. Vermutlich werden hinter den Bodybuilding-Wettkampfbühnen dieser Welt mangels andere Möglichkeiten mehr Liegestütze absolviert als in den meisten Fitnessstudios.

Der produktive Pump

Davon abzugrenzen ist der produktiver Pump. Schon Schwarzenegger stellte fest, dass der Oberkörper nicht unzählige Wiederholungen für einen guten Pump benötigen würde, wohingegen die Beine die ein oder andere Wiederholung mehr vertragen. Letztendlich ist es immer das Resultat des gleichen Mechanismus: Es strömt kurzfristig mehr Blut durch die Adern in die Muskeln, als durch die Venen wieder abtransportiert werden kann. Flüssigkeit sammelt sich in und zwischen den Muskelzellen und wir haben den von uns so sehr geliebten Effekt.

Inwiefern kann dies produktiv sein? Indem wir uns einen weiteren Mechanismus in Erinnerung rufen, der für den Muskelaufbau verantwortlich ist: Neben der mechanischen Belastung sowie dem Bewegungsablauf ist die Produktion von Abbauprodukten ein Schlüsselreiz, um Muskelaufbau zu betreiben. Dabei sollten wir, wie schon betont, nicht vergessen, dass der mechanische Reiz immer die mit Abstand höchste Priorität hat. Gleichzeitig sollten aber insbesondere Bodybuilder jede Möglichkeit nutzen, um ihr Training mit maximaler Effizienz umzusetzen.

Mehr Kraft durch Pump

Aber der Pump hat noch weitere funktionelle Vorteile. Blazquez argumentiert beispielsweise, dass ein aufgepumpter Muskel als Gegenspieler die Kraft des arbeitenden Muskels beeinflussen kann. Er selbst nennt das Beispiel des Trizepsdrücken am Kabelzug. Durch den aufgepumpten Bizeps wird der Arm weniger gebeugt, was wiederum mehr Leistung ermöglichen würde. Ein anderes denkbares Beispiel wäre ein aufgepumpter Lat beim Bankdrücken: Im untersten Bereich arbeitet die Stange gegen den aufgepumpten Rückenmuskel und würde minimal mehr Kraftaufwand  in der schwierigsten Phase der Bewegung ermöglichen.

Wir haben nun also das grundlegende Prinzip des Pumps verstanden und wissen, dass wir zwischen kosmetischen und funktionellem Pump unterscheiden sollten. Doch wie kann ich nun meinen Pump maximieren, wenn ich dies möchte? Darauf wollen wir im Folgenden zu sprechen kommen.

Wie verstärke ich meinen Pump?

Es gibt eine Reihe an Möglichkeiten, den Pump zu intensivieren. Die folgenden Punkte werden keine abschließende Liste bilden können. Dennoch möchte ich versuchen einen kleinen Überblick zu bieten, der insbesondere als eine Art Checkliste dienen soll, ob du bisher alles tust, um den Pump maximal zu nutzen.

Ausreichend Kohlenhydrate

Wer sich schon einmal zum Thema Pump informiert hat, wird sicherlich auf Tipps wie eine ausreichende Kohlenhydratversorgung sowie gut hydrierten Zellen gestoßen sein. Das ist generell nicht verkehrt:

Bekanntermaßen stellen unsere Muskeln den größten körpereigenen Kohlenhydratspeicher dar, auch wenn sie diesen sehr eigennützig nur für die eigene Energiezufuhr zurückhalten. Im Gegensatz zu Leber oder in kleinen Teilen der Niere profitiert der Rest des Körpers nicht von diesen Reserven. Ein Gramm Glykogen – das komplexe Kohlenhydrat, das zur Speicherung von Glukose gebildet wird – speichert grob gesagt drei Gramm Wasser.

Während Ausdauersportler in diesem Zusammenhang zwischen Zusatzgewicht und Zusatzleistung abwägen und Kampfsportler und Powerlifter beispielsweise insbesondere fürs Einwiegen versuchen den Faktor Kohlenhydrate und Wasser zu beachten, sind Bodybuilder in erster Linie an prallen Muskeln interessiert, die gerne voll und damit schwer sein dürfen. Dennoch ist es nicht so, dass nur das Essen von Kohlenhydraten bereits den erwünschten Effekt hätte.

Insbesondere Hobby-Sportler klagen nicht selten darüber, von Kohlenhydraten glatt zu werden und wer schon einmal mit einem sehr niedrigen Körperfettanteil Entladetrainings umgesetzt hat, wird nicht aus allen Nähten geplatzt sein, aber dennoch sicherlich festgestellt haben, dass der Pump dennoch im Training spürbar war. Wir können dennoch für uns mitnehmen, dass eine ausreichende Kohlenhydratversorgung sowie eine gute Hydration grundlegende Säulen eines maximalen (kosmetischen) Pumps sind.

Aus funktioneller Perspektive ist ein gezieltes Kohlenhydratladen dagegen nicht notwendig. Wenn man nicht mehrere Einheiten absolvierte, zwischen denen keine Kohlenhydrate gegessen wurden, wird in der Muskulatur in der Regel genügend Glykogen vorhanden sein, um den Muskelwachstumsreiz durch die Erzeugung von Abbauprodukten zu unterstützen.

Pump-Supplemente im Bodybuilding

Eingangs wurden bereits Pump-Supplemente als Möglichkeit angesprochen, um den Pump beim Training zu maximieren. Während die Glykogen-Speicher, sowie die Hydration in erster Linie auf ein möglichste großes Muskelvolumen abzielt, kommt hier der Blutfluss ins Spiel. Vereinfacht dargestellt beruhen Pump-Supplemente immer auf dem gleichen Prinzip: der Blutfluss soll mittels erweiterter Gefäße verstärkt werden, so dass mehr Lebenssaft in den Muskeln fließen kann.

Historisch betrachtet sind diese Supplemente durchaus noch relativ jung. Während Kreatin sich beispielsweise bereits Anfang der 1990er etablierte, wurde selbst Arginin anfangs noch als Wachstumshormonbooster beworben. Das Thema Pump begann schließlich Anfang der 2000er mit NO-Xplode von der Firma BSN, wie im Zusammenhang mit der Geschichte der Pre-Workouts-Booster ausführlich nachgelesen werden kann.

Das Prinzip ist dabei oft dasselbe: Stoffe wie die Aminosäure Arginin sollen zu Stickoxid im Körper umgewandelt werden, das schließlich für die Gefäßerweiterung verantwortlich ist. Das Stickstoffmonoxid NO wird in den Endothelzellen, die innerhalb der Blutgefäß sind, gebildet und gelangt aufgrund seiner geringen Molekülgröße in die glatte Gefäßmuskulatur. Diese entspannt und sorgt so für die angesprochene Erweiterung der Blutbahnen.

Wenn man sich bewusst macht, dass diese Abläufe erst Ende der 1980er überhaupt in der Wissenschaft nachgewiesen wurden, wird sicherlich auch deutlich, warum im Bodybuilding die NO-Booster erst so spät auf den Supplemente-Markt kamen.

Arginin oder Citrullin?

Aber mit welchem Supplement ist theoretisch die maximale Wirkung möglich? Der Klassiker ist fraglos das bereits erwähnte Arginin. Dieses wurde als erstmals im Zusammenhang mit einem verbesserten Pump beworben, benötigt allerdings eine Reihe an Zwischenschritten, um vom Körper zu NO umgewandelt werden zu können. Namentlich sind davon einige auch als Supplement zu kaufen. Zunächst wäre das Ornithin zu nennen, dass rein auf den Pump betrachtet aber vermutlich keine Vorteile gegenüber Arginin bietet.

Anders verhält es sich dabei mit Citrullin, was die nächste Umwandlungsstufe darstellt und erst 2014 als wirksames Supplement identifiziert wurde. Eine kombinierte Gabe von Argining und Citrullin gilt es beste Strategie, wobei hierbei individuelle Aufnahmefähigkeit beachtet werden sollte. Wer es verträgt kann mit Dosierungen zwischen jeweils drei Gramm bis zu jeweils fünf Gramm experimentieren. Im schlimmsten Fall wäre die erste Nebenwirkung Durchfall, da die Aufnahme im Dünndarm nicht gelang.

Eine ausreichende Salzzufuhr

Ein durchaus skeptisch betrachteter Punkt ist Natrium bzw. die Verbindung Natriumchlorid. Versuchen wir das Ganze systematisch zu betrachten. Im gesamten Körper befinden sich in etwa 200 Gramm Natriumchlorid. Eine nicht zu verachtende Menge, von der täglich etwa drei bis fünf Gramm ausgeschieden werden und somit wieder aufgenommen werden müssen.

Hinzu kommen allerdings bis zu zwei Gramm Natrium je Liter Schweiß, die aufgrund das Natrium-Chlorid-Verhältnisses weiteren fünf Gramm entsprechen. Wenn man sich in Erinnerung ruft, dass bei entsprechenden Temperaturen bis zu drei Liter Flüssigkeit pro Stunde vom Körper ausgesondert werden können, kann sich der Natriumverlust im Einzelfall bei körperlicher Betätigung schnell vervielfachen.

Auf der anderen Seite führen Menschen im Rahmen ihrer typischen westlichen Ernährung deutlich größere Mengen an Kochsalz zu sich, so dass in der Literatur allgemein nur darauf hingewiesen wird, dass ein Natriummangel in der Regel nicht eintritt.

Wer sich allerdings im typischen Bodybuildingstil ernährt, verarbeitete Produkte und insbesondere Brot- und Backwaren vermeidet, natriumarmes Wasser trinkt und gleichzeitig körperlich sehr aktiv ist, könnte durchaus von der ein oder anderen Prise Salz profitieren. Während der Durchschnittsbürger auf einen Salzkonsum von 15 bis 30 Gramm kommt, kann sich dieser im Rahmen des beschriebenen Ernährungsstils auf bis zu 1,5 bis 3 Gramm reduzieren. Einem Wert, der damit je nach körperlicher Betätigung sogar deutlich unter dem eigentlichen Bedarf liegt.

Bild: Larry Lunte

Folgen eines Natriummangels

Ein Mangel an Natrium kann nun dazu führen, dass das Hormon Aldosteron vermehrt ausgeschüttet wird. Das wiederum führt zu einem Absinken des Blutdrucks, der mit einer Verlagerung des Wasserhaushalts in Zellzwischenräume einhergeht. Man wirkt weich und flach, anstatt voll und vaskulär. Das genaue Gegenteil von dem, was sich ein Bodybuilder wünscht. Ein normaler Salzkonsum ist wichtig und insbesondere Sportler, die sehr „clean“ essen, sollten sich die Mühe machen, ihren Salzkonsum bewusst zu reflektieren und bei relativ fester Nahrungsmittelauswahl zu überschlagen.

Darüber hinaus kann Natrium aber auch gezielt vor dem Training für einen gewissen Pump-Effekt sorgen. Ein Gramm Natrium bindet in etwa 100 Gramm Wasser und sorgt in den ersten ein bis zwei Stunden nach dem Training dafür, dass das Blutvolumen ansteigt: Man hat sichtbar pralle Adern und eine verstärkte Durchblutung.

Naturgemäß geht dies mit einem temporären Bluthochdruck einher, so dass Personen mit entsprechender Erkrankung von dieser Strategie absehen sollten. Gesunde Bodybuilder könnten sich diesen Effekt aber gezielt fürs Training zu Nutze machen. Insbesondere, wenn man feststellt, dass die eigene Salzzufuhr insgesamt sehr niedrig ist, wäre eine strategische Salzzufuhr in Kombination mit Arginin und Citrullin einen Versuch wert, um den Pump nochmals zu maximieren.

Den Pump verstärken: Blood Flow Restriction

Ein letzter Punkt in unserer kleinen Aufzählung soll schließlich das Okklusionstraining sein, das auch als Blood Flow Restriction Training bekannt ist. Dabei werden die Arme oder Beine im Vorfeld der Belastung bewusst abgebunden, um so den Blutrückfluss zu verringern. Wir vergrößern somit den Pump. Dabei verstärkt Okklusionstraining insbesondere die Produktion von Abbauprodukten und trägt so (s)einen Teil zum Muskelaufbau bei.

Das Abbinden sollte möglichst nah am Muskelansatz erfolgen und spürbar aber nicht schmerzhaft sein. Die Trainingsgewichte können in der Regel etwas reduziert werden, wobei das Abbinden über der Bekleidung auch störend sein kann. Es empfiehlt sich diese Trainingsmodifikation in erster Linie bei Isolationsübungen anzuwenden. Darüber hinaus könnte man darüber nachdenken, die ersten Sätze einer Übung wie Curls oder Beinstrecken zunächst ohne Abbinden durchzuführen und mit zunehmend erschöpften Muskel noch einmal den ein oder anderen Satz mit abgebundenen Muskel durchzuführen.

Während die anderen genannten Punkte somit für alle Muskelbereiche gelten, stellt das Okklusionstraining in erster Linie eine gezielte Intensitätstechnik dar, die im Training nochmals punktuell eingesetzt werden kann.

Autor: Dr. Frank-Holger Acker

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