Einige bezeichnen es als Basissupplement, das in keinem Bodybuilding Supplementplan fehlen darf, wogegen andere sagen, dass es seinem Hype nicht gerecht wird. Im Rahmen dieses Artikels soll deshalb etwas genauer betrachtet werden, welche Vorzüge Glutamin für den Anwender tatsächlich haben kann.
In der Nahrung kommt Glutamin in praktisch allen tierischen Produkten vor und macht durchschnittlich über 5 % der Aminosäuren aus, die in tierischen Proteinquellen wie Fleisch, Milchprodukten und Eiern enthalten sind.
Glutamin ist die im Körper am häufigsten vorkommende Aminosäure, die nicht nur im Muskelgewebe, sondern praktisch überall im Körper zu finden ist und eine Unzahl wichtiger Rollen bei allen möglichen Prozessen im Körper spielt. Glutamin ist so etwas wie der „Hans Dampf in allen Gassen“ unter den Aminosäuren.
Intuitiv würde man wahrscheinlich denken, dass eine Aminosäure, die so wichtig ist, eine essentielle Aminosäure sein muss. Dem ist jedoch nicht so, da der Begriff essentielle Aminosäure ausschließlich Aminosäuren bezeichnet, die der Körper nicht selbst herstellen kann. Der Körper kann Glutamin jedoch bei Bedarf synthetisieren, weshalb Glutamin rein technisch gesehen nur eine bedingt essentielle Aminosäure ist. Bedingt essentiell bedeutet, dass der Körper unter normalen Umständen genug Glutamin produzieren kann, um seinen Bedarf zu decken. Es gibt jedoch Situationen, in denen der Glutaminbedarf so hoch ist, dass die Glutamin Eigenproduktion des Körpers nicht ausreicht, um diesen Bedarf zu decken. In solchen Situationen muss zusätzliches Glutamin über die Nahrung zugeführt werden.
Als Supplement hat Glutamin sehr viele Anhänger. Es gibt jedoch auch zahlreiche Skeptiker, die sagen, dass eine Glutamin Supplementation nutzlos ist, wenn man nicht gerade ein Brandopfer ist, das sich von seinen Verbrennungen erholt. Im Folgenden werden wir einige Eigenschaften von Glutamin Reihe und wissenschaftliche Untersuchungen betrachten, um dem Leser die Entscheidung zu erleichtern, ob er nun Glutamin supplementieren sollte, oder nicht.
Welche Aufgaben besitzt Glutamin im Körper?
Glutamin wird im Körper gebildet, wenn die nichtessentielle Aminosäure Glutaminsäure abgebaut wird und sich mit stickstoffhaltigen Ammoniak Molekülen verbindet. Man kann sich Glutamin als eine Art Stickstoffschwamm vorstellen, der Ammoniak aufsaugt und Stickstoff zwischen unterschiedlichen Gewebetypen hin und her transportiert, wo dieser für das Zellwachstum, die Gewebereparatur und viele andere Funktionen verwendet werden kann. Man hat berechnet, dass zwischen 30 und 50% allen Stickstoffes, der durch einen Abbau von Protein entsteht, in Form von Glutamin transportiert wird. Zusätzlich hierzu kann Glutamin auch wieder zu Glutaminsäure abgebaut werden, wodurch Glutamin im Körper zu einer entscheidenden Quelle für Ammoniak und Stickstoff wird.
Etwa 70% des im Körper vorhandenen Glutamins wird in der Skelettmuskulatur produziert, von wo aus es in den Dünndarm, die Nieren und die weißen Blutkörperchen gelangt. Dies sind die dominanten Orte, an denen Glutamin verwendet wird.
Die internen Siegel dieser Aminosäure variieren abhängig von unterschiedlichen Faktoren. Schwangerschaft und Stillzeit entleeren die Glutaminspeicher genauso wie erschöpfendes Training, Krankheiten, Hungern oder Fasten, rapides Wachstum und rapide Entwicklung, sowie Zustände extremer physiologischer Belastungen. Dies sind einige Umstände, bei denen eine Erhöhung der Glutaminzufuhr oder die Verwendung eines Glutamin Supplements angemessen wäre.
Glutamin ist außerdem wie keine andere Aminosäure an der Regulierung der Proteinsynthese und des Proteinabbaus beteiligt. Doch da ist noch mehr. Glutamin beeinflusst den BCAA Stoffwechsel, die Aufrechterhaltung der Darmwandbarriere, die normale Immunfunktion, die Glukosebildung, den Wassertransport, die Nervenreizweiterleitung und vieles mehr in signifikantem Umfang.
Die Nieren sind die primären Verbraucher von Glutamin. In den Nieren wird das Ammoniak vom Glutamin abgespaltet, um das Säure-Basen Gleichgewicht aufrecht zu erhalten. Überall im Körper, wo man Ammoniak findet, wird man auch Glutamin finden. Wenn die stoffwechseltechnische Azidose (Übersäuerung) zunimmt, wie dies z.B. in Reaktion auf ein intensives Training oder eine proteinreiche Ernährung geschieht, steigt die Aufnahme von Glutamin durch die Nieren stark an. Eine Studie konnte z.B. zeigen, dass nur vier Tagen einer protein- und fettreichen Ernährung ausreichten, um eine Reduzierung der Glutaminspiegel im Plasma und den Muskeln um 25% zu verursachen.
Wenn der Verbrauch durch all diese konkurrierenden Glutamin Verwendungen damit beginnt, die Fähigkeit des Körpers Glutamin zu produzieren zu überschreiten, dann können Symptome es Glutaminmangels sichtbar werden, die unter anderem Muskelabbau, mangelnde Energie und eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen umfassen.
Welche Anwendungsbereiche gibt es für Glutamin im Bereich des Sports?
Trotz der vielen unterschiedlichen Funktionen von Glutamin gibt es nur wenige Hinweise darauf, dass die Verwendung von Glutamin bei normalen, gesunden Menschen direkt in einer Steigerung der Muskelmasse, einer Reduzierung des Körperfetts oder in Kraftzuwächsen resultiert. Wenn man jedoch berücksichtigt, wie stark ein intensives Training den menschlichen Körper belastet, können Sportler bestimmte Vorzüge aus einer Supplementation mit signifikanten Mengen an Glutamin oder der Kombination von Glutamin mit anderen Supplements ziehen.
Eine Studie fand heraus, dass supplementiertes Glutamin bei Sportlern, die unter einer leichten Dehydration litten, die Trainingsleistung verbesserte und die Flüssigkeits- und Elektrolytaufnahme steigerte, wenn es mit Glukose und einem Elektrolytgetränk kombiniert wurde. Es konnte weiterhin gezeigt werden, dass eine Glutamin Supplementation die Wachstumshormonspiegel in Reaktion auf ein Radtraining, das bis zur Erschöpfung durchgeführt wurde, erhöhen kann.
Von den extrazellularen Glutaminkonzentrationen konnte gezeigt werden, dass sie den mTOR Signalpfadweg aktivieren, der für ein Muskelwachstum über eine Anregung der Proteinsynthese verantwortlich ist. In diesem Zusammenhang war es jedoch – wie so häufig – notwendig, dass neben der Glutamin Supplementation noch weitere Faktoren erfüllt waren. Der mTOR Signalpfadweg scheint zusätzlich die Gegenwart von BCAAs – und insbesondere von Leucin – sowie ein Mindestmaß an zellularer Hydration zu benötigen.
In Rahmen einer anderen Untersuchung konnten bei Leichtathleten, die über einen Zeitraum von 8 Wochen 4 Gramm Glutamin pro Tag in Verbindung mit einer Kreatin Ladephase und Erhaltungsdosis zu sich nahmen, größere Zuwächse an fettfreier Körpermasse als bei Sportlern, die nur Kreatin verwendeten, beobachtet werden. Dies klingt signifikant, doch es ist schwer nach nur acht Wochen und einer so niedrigen Dosierung eindeutige Schlussfolgerungen zu ziehen. Interessant wäre die Antwort auf die Frage, ob eine höhere Glutamin Dosierung und/oder eine längere Studiendauer in signifikant besseren Ergebnissen resultiert hätte.
Welche Unterschiedlichen Glutaminformen gibt es und mit was sollte man Glutamin kombinieren?
Einer der wichtigsten Faktoren, den man bei der Wahl eines Glutamin Produkts berücksichtigen sollte, ist das Zuliefersystem. Wenn man ein Pulver, Kapseln oder Tabletten kauft, dann stellt freies L-Glutamin die beste Wahl dar. Da Kreatin in Flüssigkeit gelöst instabil ist, sollte man Getränke und auch Riegel meiden, die Glutamin enthalten sollen.
Wenn man fertige Getränke oder Riegel bevorzugt, dann sollte man nach Produkten Ausschau halten, die peptidgebundenes Glutamin wie L-Alanyl-L-Glutamin, Glycyl-L-Glutamin Hydrat oder ein anderes Glutaminpeptid enthalten, welches deutlich stabiler als freies Glutamin sind. Man sollte bei der Dosierung dieser Produkte jedoch bedenken, dass die Menge an reinem Glutamin bei solchen Peptidformen typischerweise nur bei 65 bis 70% liegt. Mit anderen Worten ausgedrückt enthalten 10 Gramm Glutaminpeptide nur 6,5 bis 7 Gramm Glutamin.
Produkte, die n-Acetyl-L-Glutamin oder Alpha-Ketoisocaproyl-Glutamin (alias aKIC-Glutamin) enthalten, sollte man besser meiden. Auch wenn diese beiden Glutaminformen stabil zu sein scheinen, gibt es Hinweise darauf, dass sie schlechte Glutamin Zulieferformen sind.
Unabhängig von der Glutaminform werden bis zu 90% des oral zugeführten Glutamins während des so genannten First Pass durch die Leber, durch die Zellen des Verdauungstraktes oder die Immunzellen im Verdauungssystem eliminiert. Somit wird nur ein Bruchteil des konsumierten Glutamins letztendlich im Blutkreislauf ankommen.
Nach der Wahl einer Glutaminform ist es an der Zeit sich Gedanken darüber zu machen, mit was man Glutamin kombinieren kann, um seine Wirkung zu verbessern und/oder Synergien zu nutzen. Am wichtigsten ist die Zufuhr ausreichender Mengen an Natrium und Elektrolyten, da der Glutamintransport unter Verwendung eines Natrium abhängigen Mechanismus von statten geht. Es konnte gezeigt werden, dass Glutamin das Zellvolumen, die Elektrolytaufnahme und die Hydration signifikant steigern kann. Dies kann sowohl für Ausdauersportler als auch für Kraftsportler von Vorteil sein. Insbesondere für Kraftsportler ist eine Erhöhung des Zellvolumens interessant, da ein größeres Zellvolumen einer der Aspekte ist, der die Muskelhypertrophie fördert. Darüber hinaus kann eine Reduzierung des Zellvolumens den mTOR Signalpfadweg hemmen, welcher für die Anregung der Proteinsynthese und den Muskelaufbau essentiell ist.
Weitere Wirkstoffe bzw. Supplements, die mit Glutamin kombiniert werden können, umfassen unter anderem Folgende:
- BCAAs: Es gibt gleich zwei Gründe dafür, dass die Kombination von Glutamin mit verzweigtkettigen Aminosäuren (BCAAs) größere Zuwächse an Muskelmasse und eine größere Steigerung der Leistungsfähigkeit fördern kann. Der erste ist die Ammoniakkonzentration, die von Glutamin beeinflusst werden kann, wodurch Glutamin eine direkte Auswirkung auf den BCAA Stoffwechsel besitzt. Der zweite Grund ist, dass für die Aktivierung des mTOR Signalpfadweges durch extrazellulares Glutamin als erstes die Aufnahme von BCAAs und primär von Leucin notwendig ist.
- Citrullin: Glutamin agiert als Vorläuferstoff für Arginin und die Stickstoffoxydsynthese, indem es Citrullin zwischen den einzelnen Gewebetypen hin und her transportiert. Die Verwendung von Glutamin in Kombination mit Citrullin könnte die Fähigkeit von Citrullin steigern, die Produktion von Stickstoffoxyd anzuregen, was zu einer besseren Sauerstoff- und Nährstoffzufuhr zu den Muskeln führen kann. Eine bessere Versorgung der Muskeln mit Nährstoffen und Sauerstoff kann eine bessere Regeneration und ein schnelleres Muskelwachstum bedeuten.
- Alpha Ketoglutarat: Genau wie Glutamin dient auch Alpha Ketoglutarat (AKG) als Vorläuferstoff für Glutaminsäure und es konnte gezeigt werden, dass AKG den Glutaminabbau dosisabhängig reduziert und gleichzeitig die Aktivität des mTOR Signalpfadweges sowie die Aktivität von Glutathion erhöht. Dies bedeutet, dass die Kombination von Glutamin und AKG das Potential für das Muskelwachstum und die Produktion des stärksten körpereigenen Antioxidans – Glutathion – steigern kann.
- Glukose: Wenn es dem Körper an Glukose fehlt, dann reduziert dies die Glutaminaufnahme und beeinträchtigt das Zellwachstum.
- N-Acetylglukosamin: Wenn man eine kohlenhydratarme Ernährung befolgt, dann scheint das Glykoprotein N-Acetylglukosamin dazu in der Lage zu sein, die durch einen Glukosemangel beeinträchtigte Glutaminaufnahme und den Glutaminstoffwechsel wiederherzustellen und hierdurch potentiell die Regeneration und die Zellfunktion zu verbessern.
Wie sollte man Glutamin einnehmen und besitzt Glutamin irgendwelche Nebenwirkungen?
Um eine signifikante Erhöhung der Glutamin Plasmakonzentration erreichen zu können, muss die tägliche Glutaminzufuhr relativ hoch ausfallen und sollte bei mindestens 20 bis 30 Gramm Glutamin pro Tag liegen.
Als Vergleich sollte erwähnt werden, dass schwer kranke Patienten für gewöhnlich eine konstante intravenöse Infusion von 20 bis 30 Gramm Glutamin pro Tag bekommen, wobei die Bioverfügbarkeit von Glutamin in Form einer Infusion bei 100% liegt. Im Vergleich hierzu liegt die Bioverfügbarkeit von oral zugeführtem Glutamin gerade einmal bei 30%. Um die Menge an Glutamin zu bekommen, die schwer kranke Patienten erhalten, müsste man also etwa 70 bis 100 Gramm Glutamin pro Tag oral zuführen.
Die empfohlene Menge von 20 bis 30 Gramm Glutamin pro Tag sollte auf mehrere gleichmäßig über den Tag verteilte Gaben aufgeteilt werden, die vorzugsweise mit Mahlzeiten oder Snacks konsumiert werden sollten, die Kohlenhydrate enthalten, um die Glutaminaufnahme und Verwendung zu unterstützen.
An Trainingstagen sollte man Glutamin vor oder während dem Training und nach dem Training zu sich nehmen, um Hydration, Elektrolyttransport, BCAA Stoffwechsel und Regeneration zu unterstützen. Man kann hierbei entweder jeweils 10 Gramm Glutamin vor, während und nach dem Training zu sich nehmen oder diese Dosierungen auf jeweils 5 Gramm Glutamin reduzieren und die restlichen 15 Gramm Glutamin über den Tag verteilt während der Stunden vor und nach dem Training einnehmen.
An trainingsfreien Tagen sollte man in regelmäßigen Abständen 5 Gramm Glutamin alle 2 bis 3 Stunden zu sich nehmen, um eine erhöhte Glutamin Plasmakonzentration aufrecht zu erhalten.
Eine zyklische Einnahme mit einnahmefreien Phasen ist bei Glutamin nicht notwendig. Es gibt vielmehr Hinweise, die die Notwendigkeit einer Glutamin Daueranwendung während Phasen starker körperlicher Anstrengungen unterstützen.
Was potentielle Nebenwirkungen von Glutamin angeht, gibt es eine Vielzahl von Untersuchungen, die bei Glutamin Dosierungen von bis zu 30 Gramm pro Tag keinerlei unerwünschte Nebenwirkungen zeigten. Eine aktuelle Toxizitätsstudie über eine Dauer von 13 Wochen kann zu dem Ergebnis, dass selbst bei der höchsten verwendeten Glutaminmenge bei männlichen und weiblichen Ratten keine Nebenwirkungen beobachtet werden konnten. Auf den Menschen umgerechnet entsprechen die bei dieser Studie verwendeten Glutamindosierungen 0,6776 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht, was bei einem 80 Kilogramm schweren Sportler 54 Gramm Glutamin pro Tag entsprechen würde.
Zusammenfassung
Glutamin spielt bei einer Vielzahl von Prozessen und Körperfunktionen, die einen dramatischen Einfluss auf die Fähigkeit besitzen, eine allgemeine gute Gesundheit aufrecht zu erhalten und die individuellen Fitnessziele zu erreichen, eine Schlüsselrolle. Wenn man sich jedoch ausschließlich auf Glutamin verlässt oder nicht genug Glutamin verwendet, dann kann es gut sein, dass man enttäuscht wird.
Wie bei allen Supplements muss man auch bei Glutamin seinen Kopf verwenden, um die Wirkungen zu maximieren. Wenn man nicht hart trainiert, dann wird der Körper seinen Glutaminbedarf wahrscheinlich ohne Unterstützung durch Supplements decken können. Wenn man jedoch zu den Trainierenden gehört, die regelmäßig bis an ihre Grenzen gehen, dann kann der richtige Einsatz von Glutamin dabei helfen, die Leistungen auf ein hohes Niveau zu bringen und dort zu halten.
Quelle: http://www.bodybuilding.com/fun/all-about-glutamine-your-expert-guide.html