Nach der Entbindung begann die Vorbereitung
Vor kurzem sind wir mit Angela Schmidt aus Grünstadt in Kontakt gekommen. Die zweifache Mutter hat im letzten Jahr an ihren ersten Wettkämpfen teilgenommen. Die Vorbereitung begann direkt nach der Entbindung des zweiten Kindes. Im folgenden Artikel erzählt uns Angela wie es zur ersten Vorbereitung gekommen ist. Wenn auch du eine interessante Bodybuilding & Fitness Geschichte zu erzählen hast kannst du gerne per E-Mail info@repone.de mit uns Kontakt aufnehmen:
„Da stehe ich nun, mit zitternden Beinen, schwitzend und geblendet vom Licht. Doch tatsächlich halte ich etwas in meinen Händen, von dem ich nie zu träumen gewagt hätte. Und ich habe es so genossen.
Ich habe jede Sekunde da oben in mich aufgesaugt. Ich habe dieses Gefühl in mein tiefstes Inneres eingeschlossen. Für immer verwahrt in der Schatztruhe meiner Seele.
Ich kann niemandem erklären, wie man sich fühlt. Es war unbeschreiblich in diesem grellen Licht zu stehen, das dich geradezu auffordert, dagegen anzustrahlen! Oder die kritischen Blicke der Jury auf deiner fast nackten Haut zu spüren, die dich und jede deiner Bewegungen beäugt wie ein Rudel hungriger Wölfe das Schaf. Und auch das Publikum zu hören, wie es anfeuert, jubelt oder Tipps ruft; all das schwappt über dich wie eine Welle über den Strand. Und auf die Ansagen des Sprechers hin wechselt man die verschiedenen Posen durch, die man zuvor monatelang geübt und so gut es geht perfektioniert hat. Alles zusammen eine unglaubliche Mischung an Emotionen und Eindrücken.
Im Vorfeld habe ich mir tausend Gedanken gemacht „Werde ich vergessen zu lachen?“, „Werde ich reagieren, wenn man meine Nummer sagt?“, „Bin ich in der Lage, alles gleichzeitig abzurufen?“
Doch dann steht man da oben und es geschieht einfach. Und ich habe es geliebt. Jede einzelne Sekunde.
Ich habe es geschafft, in meiner allerersten Saison direkt zwei Vizetitel zu holen. Das allein ist schon besonders, aber da geht noch mehr. Dafür müssen wir einige Monate zurückspulen.
Ich liege da und schreie und kurz darauf schreit jemand anderes. Jemand sehr kleines.
Hi, mein Name ist Angie ich bin 35 Jahre alt und gerade zum zweiten Mal Mama geworden und schon nächstes Jahr werde ich zum allerersten Mal an einem Bodybuildingwettkampf teilnehmen. Klingt verrückt, ich weiß, aber genauso mache ich es.
Da ich nicht stillte, konnte ich, sobald uns die Kliniktür ins Leben zurückgespuckt hatte, mit der richtigen Ernährung, und nach einer angemessenen Zeit auch mit dem Training starten.
Da ich während und gleich nach der Schwangerschaft nicht trainieren konnte, musste ich erst einmal wieder reinfinden, aber das lief erstaunlich gut. Der Memory-Effekt, von dem ich zuvor nur gehört hatte, hat sich von seiner besten Seite gezeigt. So stellten sich rasch erste Erfolge ein und motivierten nur noch mehr, dran zu bleiben.
Mein Partner, und Papa unsrer kleinen Tochter, und ich gaben uns viermal die Woche die Klinke in die Hand. Kaum war er von Arbeit und Training zurück, er ist selbst erfahrener Wettkampfathlet, stieg ich ins Auto und machte mich auf zum Gym. Auch dort gab es die Zweifler, die das ganze Vorhaben kritisch beäugten, aber auch Leute, die begeistert waren und großes Interesse zeigten und Anteil an meiner Reise nahmen.
Zum Alltag gehörte, genauso wie volle Windeln und Milchfläschchen, auch das Vorkochen und genaue Tracken jeder einzelnen Kalorie. Dass man zum Mittag- oder Abendessen auch mal vier verschiedene Mahlzeiten zubereiten musste, war keine Seltenheit, aber auch überhaupt kein Problem für mich. Mein Coach Christian Schneider gab mir stets Rückmeldung und passte bei Bedarf meine Makroverteilung an. Er bekam in festgelegten Abständen Fotos und Maße, um auch auf Entfernung für eine gute Betreuung zu sorgen. Regelmäßige Treffen gab es natürlich auch.
Erst waren meine Mahlzeiten noch recht abwechslungsreich, aber bestanden immer aus sauberen, unverarbeiteten Lebensmitteln, doch gegen Ende der wochenlangen Diät war die Lebensmittelauswahl doch recht überschaubar. Morgens Porridge, mittags Kartoffeln, Hühnchen, Gemüse und abends eine große Schüssel Salat.
Viele fragten mich auf der Reise, was mich motiviert hat mit so viel Selbstdisziplin das Ganze durchzuziehen. Nun, ich wollte „dazugehören“ zu denen, die braun angemalt hinter der Bühne auf dem Boden liegen, wollte in einem knappen Glitzerbikini im Rampenlicht stehen, wollte meine Leidenschaft zum Sport und meine harte Arbeit präsentieren. Mein Traum war es, wenigstens die Top 6 und somit das Finale zu erreichen. Dass es am Ende, trotz zeitweiser Unterbrechung der Diät und einiger Selbstzweifel für zwei Vizetitel (einmal national und einmal international) gereicht hat, hätte ich nie für möglich gehalten.
Und das mit 35 Jahren, zwei Kindern, 20 Wochen Diät und zusammengerechneten 26 Monaten am Eisen. Und das Ganze natural, versteht sich. Da soll nochmal einer kommen und sagen, „Du schaffst das nicht!“
Lasst euch nicht daran hindern, eure Träume zu verwirklichen.“
Text: Angela Schmidt
Bilder: Angela Schmidt, Mathias Beckmann Sportfotograf, ANBF Österreich, Marc Schuhmacher, GNBF