Bankdrücken für Bodybuilder: Pro und Contra

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Bankdrücken gilt gemeinhin als universeller Vergleich von Muskelkraft und steht nicht selten auch im direkten Zusammenhang mit dem Respekt, dem man sich im Studio verschaffen kann. Dabei ist Bankdrücken zweifelsohne eine hocheffektive Übung für den Oberkörper und hat schon Millionenfach starke und definierte Brust-, Trizeps- und Schultermuskeln aufgebaut. Doch ist das Bankdrücken essenziell für Muskelwachstum dieser Körperstellen oder gibt es vielleicht Einschränkungen? Für wen ist Bankdrücken sinnvoll und wer fährt mit anderen Übungen besser?

Pflichtübung oder ersetzbar? Bankdrücken für Bodybuilder: Pro und Contra

Vorteile des Bankdrückens

Aufbau von Grundkraft

Bankdrücken ist mit all seinen Varianten nach wie vor eine wichtige Grundübung, die vor allem in den ersten Trainingsjahren regelmäßig trainiert werden sollte. Das eigene Körpergewicht auf der Stange zu drücken, ist für Einsteiger das erste Ettapenziel. Später können das Vielfache dessen anvisiert werden, um das bewegte Gewicht auch immer in Relation zum Anstieg des Körpergewichts zu interpretieren. Sobald nennenswerte Steigerungen der Kraft (in allen Übungen) zu beobachten sind, kann sich das Training sinnvollerweise spezialisieren und neue Übungen, Winkel, Kadenzen oder Varianten beinhalten. Bis dahin: Leg dich hin und drück.

Schwere Grundübung

Vergleicht man in diesem Zug die Effektivität von Grundübungen generell mit denen von Isolationsübungen, ist es offensichtlich, dass bei schweren Grundübungen wie dem Bankdrücken eine deutlich höhere mechanische Last bewegt werden kann als bei Isolationsübungen. Die Intensität ist dabei nicht der einzige Faktor für den Aufbau von Muskelmasse, aber ein sehr wichtiger.

Wer also statt Bankdrücken Butterfly macht, geht das Risiko ein, eine geringere Muskelspannung zu erzeugen und Hypertrophiepotenzial zu verschenken. Weiterhin wird in diesem Beispiel der Trizeps ebenso vernachlässigt und muss daher an anderer Stelle separat trainiert werden, um einen vergleichbaren Reiz zu setzen. Dies gilt natürlich nicht nur für das Bankdrücken, sondern gilt für alle Grundübungen. Isolationsübungen können jedoch als zweite oder dritte Übung nach dem Bankdrücken durchaus sinnvoll sein.

Inter- und Intramuskuläre Koordination

Bankdrücken ist als Grundübung und durch die erforderliche Stabilisation weiterhin besser geeignet, um die intermuskuläre Koordination, also das Zusammenspiel verschiedener Muskelgruppen, zu verbessern. Bankdrücken und weitere mehrgelenkige Übungen bieten daher einen höheren Übertrag in weitere Sportarten oder den Alltag als Übungen an Maschinen und können damit als „funktionell“ bezeichnet werden.

Die Intramuskuläre Koordination beschreibt die Rekrutierung und Frequenzierung motorischer Einheiten im Muskel und wird vor allem in geringen Wiederholungsbereichen mit hohem Gewicht geschult. Bankdrücken eignet sich optimal für den Aufbau funktioneller Kraft.

Gute Vergleichbarkeit

Stell dir vor, dein Trainingsplan sieht für heute 80 Kilogramm für 12 Wiederholungen an der Brustpresse vor. Deine üblich verwendete Brustpresse ist aber gerade dauernd besetzt, kaputt oder du trainierst in einem anderen Studio. Da jede Maschine andere Hebel und Übersetzungen hat, die Zahlen auf dem Gewichtsblock vielleicht nicht mehr lesbar sind oder die Mechanik schon lange nicht mehr geölt wurde, kannst du das Arbeitsgewicht an einer Maschine kaum auf eine andere übertragen. Das Gewicht, dass du in der letzten Einheit bewegt hast, ist damit nicht mehr mit dem heutigen vergleichbar.

Beim Bankdrücken ist dieses Problem weniger stark vorhanden. Zwar macht eine andere Stange mit unterschiedlichen Kugellagern ebenfalls einen Unterschied, jedoch solltest du auch in diesem Fall eine vergleichbare Leistung zeigen können. Two hundred pounds are always two hundred pounds!

Nachteile des Bankdrückens

Technik

Jeder zweite Fitness–Youtuber hat mittlerweile ein „Bankdrück – Tutorial“ im Angebot. Auch wenn dies vielleicht etwas übertrieben ist und ein Video allein aus einem schlechten Drücker keinen Guten macht, gibt es dennoch tatsächlich ein paar Dinge zu beachten.

Bankdrücken hat den Vorteil, während des Trainings auch die Koordination zu schulen und eine vollständige und alltagsnahe Bewegung abzubilden. Allerdings kann eine schlechte Technik deinen Erfolg auch schmälern. Nicht selten wird daher die Technik beim Bankdrücken zum Flaschenhals für eine optimale Kraftentwicklung und Muskelaufbau. Wer die Stange zu weit oben auf dem Brustkorb ablegt und oder die Schulterblätter nicht nach hinten zieht, bewegt das Gewicht vermutlich vorrangig aus den Schultern und darf sich über eine mangelhafte Reizung der Brustmuskulatur nicht wundern.

Ähnliches gilt für eine zu enge oder zu weite Griffbreite, die entweder den Trizeps überproportional stark belastet und damit den Load schmälert oder die Range of Motion zu stark verringert. Wer also Bankdrücken macht, sollte es richtig machen. Falls du deine Brust während des Bankdrückens nicht gut spüren kannst, vielleicht aber die Schultern, ist das häufig ein Indiz dafür, dass du deine Technik überprüfen solltest. Bis du diese verbessert hast, kannst du dein Brusttraining mit weiteren Übungen ergänzen, die du gut spüren kannst.

Zu viel Ego

Ein weiterer Grund für eine schlechte Technik ist das eigene Ego. Wie bei vielen Übungen führt auch beim Bankdrücken falscher Ehrgeiz und übersteigerte Ambitionen dazu, ein höheres Gewicht zu Lasten der Trainingstechnik zu verwenden. Allerdings besteht dafür speziell beim Bankdrücken ein überdurchschnittlich hohes Risiko.

Einerseits, da das Drücken ein omnipräsenter Leistungsvergleich ist und damit häufig ein besonders hohes Augenmerk auf eine positive Leistungsentwicklung gelegt wird. Andererseits, weil beispielsweise beim Kniebeugen die meisten Trainierenden genauer überlegen, mit wie viel Gewicht sie wieder aufstehen können, ohne darunter begraben zu werden. Beim Bankdrücken regelt das der obligatorische Spotter, der „nur absichert“. Frage dich daher, was du mit dem Bankdrücken erreichen willst. Möglichst viel Gewicht auflegen oder tatsächlich deine Brust trainieren?

Verletzungsgefahr

In diesem Zusammenhang sind auch Verletzungen beim Bankdrücken wahrscheinlicher als bei vergleichbaren Brustübungen, die zudem besser abgesichert sind. So sind Muskelrisse der Brust oder Schulterprobleme durch chronisch überlastete Sehnen, Impingement–Syndrom oder schmerzende Ellenbogen keine Seltenheit bei (über)eifrigen Bankdrückern. Dagegen ist die Prävalenz der geschädigten Brustpressen–Benutzer vermutlich deutlich geringer.

Gute Alternativen

Wie bereits angesprochen, existieren in einem voll ausgestatteten Studio zahlreiche Alternativen zum Bankdrücken, um Hypertrophie für den Oberkörper zu erreichen. Gerade bei einer suboptimalen Technik im Bankdrücken, kann eine gute (!) Maschine ebenso gute oder sogar bessere Resultate liefern, wenn man die Brust beim Training besser spürt und diese damit effektiver reizen kann. Vor allem Brustpressen, die neben der typischen Drückbewegung auch eine leicht konvergierende Bewegungsführung aufweisen, fordern die Brust besonders stark.

Weiterhin lässt sich bei Maschinen ein Muskelversagen gegebenenfalls sicherer erreichen, als beim freien Bankdrücken. Vor allem beim Training ohne Spotter, kannst du an einer Maschine an deine Grenzen gehen, ohne Sorge zu haben, dass die Stange auf dir liegen bleibt.

Butterfly–Maschinen und Seilzüge eignen sich weiterhin sehr gut, um Bankdrücken oder Brustpressen zu ergänzen, da diese noch leichter über die volle ROM absolviert werden können, für einen guten Pump sorgen und das Ego eine untergeordnete Rolle spielt.

Fazit

Bankdrücken ist zu recht eine der beliebtesten Übungen im Gym und sorgt richtig ausgeführt für ordentliche Zuwächse an Kraft und Masse. Jedoch ist eine korrekte Technik die absolute Bedingung für die Effektivität und gerade die lässt beim Drücken überdurchschnittlich oft zu wünschen übrig. In diesem Fall oder falls du durch Verletzungen eingeschränkt bist, sind gute Brustpressen und Chest–Flys eine gute Option für Hypertrophie. Bodybuilder müssen nicht zwingend Bankdrücken ausführen.

Kraft im Bankdrücken gewinnst du nach wie vor allerdings hauptsächlich durch Bankdrücken selbst. Investiere daher Zeit in eine gute Technik und reflektiere deine Gewichte ehrlich. Ergänze dein Training bei Bedarf mit guten Maschinen, dann steht deiner Heldenbrust nichts mehr im Wege.

Autor: Alexander Seifried

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