Kreuzheben gehört in jeden Trainingsplan?

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Eigentlich eine Pflichtübung, oder?

Training ohne Kreuzheben?

Komplexe Verbundübungen wie Kreuzheben oder Kniebeugen gehören einfach in jeden Trainingsplan, das ist zumindest häufig zu hören. Doch was passiert eigentlich, wenn man beispielsweise das Kreuzheben einfach auslässt?

 Wenn du Lust auf einen Shitstorm hast, erkläre einmal im Web oder auch in vielen Gyms, dass du das Kreuzheben aus deinem Trainingsplan verbannt hast. Vielen wird das als Sakrileg vorkommen, immerhin ist das Kreuzheben doch neben der Kniebeuge die wichtigste Übung überhaupt. Oder vielleicht doch nicht?

Alltägliche Bewegung mit hohem Nutzen

Zunächst einmal gilt klarzustellen, dass das Kreuzheben eine ausgezeichnete Übung ist. Zum einen handelt es sich um eine sehr alltagsnahe Bewegung, denn mehrmals täglich müssen wir etwas vom Boden aufheben. Dennoch tun sich viele mit der Technik des Kreuzhebens schwer. Kein Wunder: Wer nicht gesundheitlich vorbelastet ist, hebt im Alltag meist so, wie es gerade passt und nicht gemäß eines speziellen Ablaufs.

Dieser ist beim Kreuzheben in der Tat anspruchsvoll, denn die Übung involviert gleich eine Vielzahl von Gelenken und Muskeln, die sinnvoll aufeinander abgestimmt arbeiten müssen. Man spricht dabei von der intermuskulären Koordination, die das komplexe Zusammenspiel von Knie-, Hüft, Fuß- und Schultergelenk sowie der Wirbelsäule ermöglicht. Entsprechend hoch ist die Anzahl der Muskeln, die bei der Übung beansprucht werden, statisch wie dynamisch.

Für das Aufrichten in der Hüfte ist vor allem der Gluteus Maximus verantwortlich, ihm zur Seite steht der Adductor Magnus. Die Muskeln der Oberschenkelrückseite arbeiten vor allem in der unteren Bewegungsphase der Übung stabilisierend mit, während der Quadriceps für die Streckung im Kniegelenk sorgt, unterstützt durch die Wadenmuskulatur. Die gesamte Bauchmuskulatur ist stabilisierend tätig, ebenfalls die Rückenstrecker, die mit zunehmender Bewegung immer aktiver eingreifen. Damit die Stange eng am Körper geführt werden kann, ist der Latissimus dorsi gefordert, die notwendige Stabilisation im Schultergelenk erzeugen unter anderem der Trapezius und die Rhomboiden.

Wenn so viele Muskeln, darunter auch besonders starke wie Gluteus, Quadriceps und Latissimus, können natürlich enorme Lasten bewegt werden. Kreuzheben ist also eine gute Möglichkeit, gleichzeitig eine Vielzahl an Muskeln intensiv zu belasten. Durch deren notwendiges Zusammenspiel und die alltagsnahe Bewegung ist zudem die Übertragbarkeit der Übung in tagtägliche Bewegungen und auch eine Vielzahl an Sportarten sehr hoch. Kein Wunder, dass das Kreuzheben in den Trainingsplänen vieler Spitzenathleten der unterschiedlichsten Disziplinen zu finden ist.

Fluch und Segen

Der hohe Grad an Komplexität ist aber nicht nur von Vorteil. Denn zum einen setzt er auch voraus, dass alle beteiligten Muskeln ausreichend stark sind, um die Übung gut zu meistern. Ist das bei einzelnen Muskeln nicht der Fall, limitiert das nicht nur die Leistung, sondern sorgt auch für Verletzungsgefahr. Einfach darauf lostrainieren, ist daher bei derart komplexen Übungen nicht unbedingt ratsam. Vielmehr gilt es, gezielt darauf zu achten, Schwachstellen zu beseitigen und allen Gliedern der Kette ausreichend Zeit zur Erholung zu geben.

Wessen Trainingsziel aber eben nicht die maximale Leistung im Kreuzheben oder ein möglichst hoher Übertrag in eine andere Sportart ist, sondern wer primär Muskeln aufbauen will, den wird das Kreuzheben bei der Trainingsplanung vor Probleme stellen. Denn wo passt es im Trainingsplan denn wirklich am besten?

Selbst wer einen hohen Trainingssplit verfolgt, also immer nur wenige Muskelgruppen pro Einheit trainiert, steht vor diesem Problem. Beginnt man sein Rückentraining mit Kreuzheben, hat man natürlich die meiste Kraft, aber muss auch mit dem größten Kraftverlust rechnen. Übungen wie Klimmzüge werden danach zur Qual, bei vorgebeugten Übungen besteht zudem die Gefahr, dass die ermüdete Rumpfmuskulatur Probleme haben wird, die nötige Stabilität zu gewährleisten. Nicht wenige schieben das Kreuzheben daher ans Ende der Einheit, wodurch aber nicht nur die Leistungsfähigkeit reduziert wird, sondern die zunehmende Ermüdung, mental wie körperlich, die Verletzungsgefahr vergrößern.

Zudem muss berücksichtigt werden, dass die Belastung der Muskeln des Unterkörpers enorm ist. Vor dem nächsten Beintraining sollte also ausreichend Zeit zur Erholung eingeplant werden. Oder aber, man versteht das Kreuzheben primär als Übung für den Unterkörper und baut es gleich ins Beintraining ein. Dann kommt man sich aber häufig mit der nicht minder komplexen Kniebeuge ins Gehege.

Dieses Problem wird umso größer, je niedriger der Trainingssplit gewählt wird, da hier in der Regel pro Einheit gleich eine Vielzahl von komplexen Übungen absolviert werden, die eine ausreichende Rumpfstabilität voraussetzen.

Und: Nicht nur die Anforderungen an die muskuläre Leistungsfähigkeit sind enorm, auch muss eine ausreichende Mobilität vorhanden sein. Im Zweifel bedeutet das, dass zusätzliches Beweglichkeitstraining notwendig ist, was sicher sinnvoll, aber eben auch zeitraubend ist.

Fazit: Super Übung, aber kein Muss

Bleibt festzuhalten, dass das Kreuzheben eine tolle Übung ist, die viele Vorteile mit sich bringt, aber eben auch ihre Tücken hat. Das sollte niemanden grundsätzlich abhalten, muss aber eben bedacht werden. Wer nicht gerade Powerlifting betreibt oder durch das Kreuzheben die Leistung in der Hauptsportart verbessern will, kann durchaus auch erfolgreich trainieren, ohne Kreuzheben im Plan zu haben. Zwar lässt sich die Komplexität durch andere Übungen nur schwer nachbilden, aber die einzelnen beteiligten Muskeln können durchaus auch auf andere Weise, aber eben isolierter trainiert werden.

Auf keinen Fall sollte man sich aber dazu drängen lassen, unbedingt an einer Übung festzuhalten, die einem im Zweifel keinen Spaß macht oder Probleme bereitet.

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