Lyle McDonald und die wichtige Bedeutung von Regeneration

0
1713
Lyle McDonald und die wichtige Bedeutung von Regeneration

Ein Artikel von Lyle McDonald. Den englischen Originaltext gibt’s hier.

Gehen Sie in Ihr Fitnessstudio und sehen Sie sich eine Zeit lang um. Wonach ich Sie zu suchen bitte, sind die Leute mit Kniebandagen, Handgelenksbandagen, Ellenbogenbandagen, usw., die weiterhin intensiv trainieren (oder dies zumindest versuchen). Oder diejenigen, die einfach nur die Bewegungen durchgehen und sich nur aus irgendeinem wirren Sinn der Verpflichtung dort befinden. Vielleicht sind Sie, wenn Sie darüber nachdenken, ja eine dieser Personen.

Ruhetage für mehr Regeneration!?

Ich möchte, dass Sie sich selbst fragen, wie viele Ruhetage Sie sich jede Woche gönnen. Und wenn ich Ruhetage sage, dann meine ich Ruhetage und nicht „Ich mache eine Stunde aerobes Training, aber das zählt nicht“. Ich meine echte Ruhetage. Einen, vielleicht zwei? Wahrscheinlich nicht einmal so viele. Wie viele Menschen (diejenigen, die die unterschiedlichen Bandagen tragen) sind jeden Tag da und manchmal noch häufiger? Entweder sie trainieren an mehreren Tagen pro Woche mit Gewichten und Cardio an den „freien“ Tagen oder sie trainieren beides jeden Tag.

Glauben Sie mir, ich habe mich auch schon an dieser Stelle befunden. Ich habe versucht an 6 Tagen pro Woche zu trainieren (ich habe mir zumindest einen Ruhetag pro Woche zugestanden, auch wenn ich dies bis zu meinen späten Zwanzigern nicht konsistent getan habe) und mich darüber gewundert, dass ich ausgebrannt war, ständig müde war, keine guten Leistungen erbrachte, usw.

Sie argumentieren, dass Lance Armstrong an 6 Tagen pro Woche trainiert und auch die meisten anderen Radsportler dies tun. Nun, Elite Radsportler sind genetische Freaks, trainieren Vollzeit (sie haben keinen Beruf oder andere Verpflichtungen, die ihre Zeit beschränken) und die Mehrzahl dieser Sportler verwendet leistungssteigernde Substanzen, weshalb Sie hieraus nicht wirklich viele Schlussfolgerungen darüber ziehen sollten, wie Sie, der einen Job hat, ein stressiges Leben führt und sich nicht auf die Tour de France vorbereitet, trainieren sollten.

Die meisten Läufer laufen an 6 Tagen pro Woche. Und ja, die meisten Läufer befinden sich im Übertraining und sind chronisch verletzt. Und Arnold und Jungs seiner Sorte trainierten an 6 Tagen pro Woche. Genetik und Steroide. Dasselbe gilt für die Bulgaren, die Sowjets usw.  Dies ist die genetische Elite, die Vollzeit ohne Job und stressiges Leben trainiert und mit leistungssteigernden Medikamenten vollgepumpt ist. Solange nicht all dies auch auf Sie zutrifft, sollten Sie wahrscheinlich nicht versuchen, deren Training nachzuahmen. Und ausgehend von dem massiven Prozentsatz von Elitesportlern, die Berichten zufolge übertrainiert sind, sollten vielleicht sogar diese weniger häufig trainieren.

Dies ist ganz einfach ein langer, verwundener Weg Ihnen nahezulegen, dass Sie, wenn sie so etwas wie ein normaler Trainierender sind, zu viel tun. Sie trainieren wahrscheinlich an zu vielen Tagen pro Woche und nehmen sich zu wenige Tage frei. Sie trainieren an 3 bis 4 Tagen pro Woche mit Gewichten und versuchen an 3 bis 4 weiteren Tagen pro Woche ein Cardiotraining auszuführen (dies gilt insbesondere dann, wenn Sie eine von ihrem Gewicht/Körperfettanteil besessene Frau sind). Und Sie wundern sich, warum Ihre Gelenke immer irgendwie schmerzen, warum Sie sich nicht mehr wirklich auf Ihre Trainingseinheiten freuen? Alles signalisiert, dass Sie, falls Sie nicht wirklich übertrainiert sind, sich zumindest in einem Zustand des sogenannten Overreachings (der Unterschied ist ein Thema für einen anderen Tag) befinden.

Ich möchte, dass Sie sich Ihren augenblicklichen Trainingsplan ansehen. An wie vielen Tagen trainieren Sie und wie viele echte Ruhetage haben Sie pro Woche? Ich empfehle, dass jeder – und dies gilt gleichermaßen für Anfänger und Elitesportler – mindestens einen völlig trainingsfreien Tag pro Woche haben sollte. Das ist das absolute Minimum.

Dies wird als passive Erholung bezeichnet – ich möchte, dass Sie den ganzen Tag über herumsitzen. Ich bin kein religiöser Mensch, doch dies lässt sich am besten durch ein Zitat aus Charlie Francis Buch „Speed Trap“ zusammenfassen. Francis fragte seinen Trainer, ob er sich einen freien Sonntag leisten könne. Sein Trainer sagte ihm „Gott schuf die Welt in sechs Tagen und am siebten Tag ruhte er. Glaubst Du, dass Du mehr zustande bringen kannst?“ Die meisten Elitesportler nehmen sich jede Woche mindestens einen Tag frei vom Training und diejenigen, die dies nicht tun, zahlen für gewöhnlich auf lange Sicht hierfür. Warum denken Sie, dass Sie mehr Training als diese Elitesportler benötigen? Wenn Sie einfach nicht still halten können und etwas tun müssen, dann machen Sie einen strammen Spaziergang im Freien. Aber halten Sie sich vom Fitnessstudio fern. Schauen Sie, ob Sie sich nicht erfrischt fühlen, wenn Sie am nächsten Tag ins Fitnessstudio zurückkehren.

An mindestens einem (und vielleicht auch zwei) anderen Tag(en) der Woche, sollten Sie etwas tun, das als aktive Erholung bezeichnet wird.  Ein Radsportler, der für gewöhnlich 2 Stunden lang trainiert, könnte 30 bis 40 Minuten mit geringer Intensität (bei einer Herzfrequenz von 130 bis 140 oder weniger) Rad fahren. Und mit geringer Intensität meine ich sehr leichtes Radfahren mit nahezu keinem Widerstand an den Pedalen. Dies pumpt etwas Blut, verbrennt ein paar Kalorien und unterstützt die Regeneration. Während der aktiven Erholung an einem Protein/Kohlenhydrat Drink zu nippen, könnte dabei helfen, Nährstoffe in die trainierten Muskeln zu transportieren. Ein Läufer sollte eine Art Crosstraining durchführen, um seinem Bindegewebe etwas Erholung zu gönnen. Probieren Sie den EFX Ellipsentrainer oder etwas Ähnliches mit geringer Intensität aus.

Menschen, die ein schweres Training mit Gewichten ausführen, können etwas Ähnliches für die aktive Erholung tun – eine sehr leichte Cardio Aktivität (strammes Spazierengehen, Spinning auf dem Radtrainer), wobei auch hier die Intensität recht niedrig sein sollte. Wenn Sie versuchen Muskeln aufzubauen, sollte Ihr Fokus sowieso auf dem Bewegen von Gewichten liegen und 3 bis 4 Tage pro Woche sollten für jeden ausreichen. Die meisten Powerlifter trainieren (durchschnittlich) nur an 4 Tagen pro Woche mit Gewichten, auch wenn sie in letzter Zeit damit beginnen, zusätzliches Zeug zu tun. Auch hierbei handelt es sich typischerweise um Vollzeitsportler und es gibt immer den Steroidfaktor, den man berücksichtigen muss. Warum glauben Sie, dass Sie mehr Zeit im Kraftraum als diese Sportler benötigen? Wenn Sie etwas aerobes Konditionstraining ausführen möchte, dann tun Sie dies an einem Ihrer Trainingstage oder mit sehr niedriger Intensität an den trainingsfreien Tagen.

Selbst für allgemeine Fitnesssportler sind zusätzliche trainingsfreie Tage (oder aktive Erholung) meiner Meinung nach von Vorteil. Finden Sie Stellen, um Ihr Training mit Gewichten zu verkürzen (die Trainingseinheiten der meisten Leute sind absurd lang) und führen Sie ein Teil ihres Cardiotrainings nach Ihrem Training mit Gewichten (an Oberkörpertagen) aus. Ich glaube Sie wissen, worauf ich hinaus möchte. Finden Sie einen Weg Ihr Training auf 3 bis 4 Tage pro Woche mit einem völlig trainingsfreien Tag und ein paar Tagen aktiver Erholung zu reduzieren.

Versuchen Sie dies für die nächsten 2 Wochen, reduzieren Sie Ihre Trainingstage und erhöhen Sie die Anzahl der Tage, an denen Sie sich erholen und regenerieren. Schauen Sie, ob Sie sich nicht erfrischt fühlen und bezüglich der Tage im Fitnessstudio enthusiastischer sind. Im folgenden Abschnitt werde ich über längere Trainingspausen und warum diese eine gute Idee darstellen, sprechen.

Weitere Erwägungen zum Thema Erholung

Jetzt möchte ich, dass Sie sich fragen, wann Sie die letzte längere Trainingspause eingelegt haben. Mit länger meine ich mehr als einen oder zwei Trainingstage – eher etwas wie eine Spanne von 5 bis 14 Tagen, an denen Sie nicht im Fitnessstudio waren und während denen Sie entweder nichts oder etwas völlig anderes, als Ihr normales Training auszuführen, getan haben. Wenn Sie sich an keine solche Trainingspause erinnern können, dann sollten Sie versuchen, an den letzten Zeitraum zu denken, während dem Sie krank oder verletzt waren und hierdurch gezwungen wurden, eine längere Trainingspause einzulegen. Was ist Ihnen aufgefallen, als Sie wieder mit dem Training begonnen haben?

Wenn es nicht gerade eine sehr lange Trainingspause (mehr als 2 Wochen) war, würde ich wetten, dass Sie bezüglich des Trainings sehr viel enthusiastischer waren und dass einige dieser kleinen Zipperlein oder Schmerzen verschwunden waren. Vielleicht haben Sie nach einer kurzen Pause sogar Ihre bisherigen Plateaus durchbrochen.

Und dann sind Sie, wenn Sie genauso wie jeder andere da draußen sind, sofort wieder dazu übergegangen so zu trainieren, wie Sie es zuvor getan haben – Wochen, Monate oder sogar Jahre am Stück ohne Pause. Oder bis Sie erneut krank wurden oder sich verletzt haben. Wiederholen Sie diesen Zyklus, bis Sie weiser werden – falls dies jemals der Fall sein wird.

Wenn Sie so wie die meisten da draußen sind, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Sie bereits die Vorstellung 5 Tage lang (oder länger) nicht zu trainieren, mit Angst erfüllen wird. All Ihre Kraft, all Ihre Muskeln und all Ihre Fitness werden ganz einfach verschwinden. Und – oh mein Gott – Sie werden ganz einfach fett werden.

Nur dass die Detraining Studien und Erfahrungen aus der realen Welt etwas anderes zeigen. Sie verlieren während einer Zeitspanne von 5 bis 14 Tage nur sehr wenig an Fitness. Sie sollten das Ganze wie folgt sehen: Wenn Sie 11,5 Monate eines jeden Jahres in Form kommen, wie viel Fitness können Sie dann realistisch gesehen innerhalb von 5 bis 14 Tagen verlieren? Nicht sehr viel lautet die Antwort.

In Anbetracht dessen, wie übertrainiert viele Menschen sind, werden viele stärker und fitter als vorher sein. Und selbst was den Fettabbau angeht, habe ich viele  Menschen, die mit einer irrsinnigen Intensität trainiert und Ihre Ernährung überwacht haben gesehen, die schlanker geworden sind, wenn Sie sich eine Pause von all dem Training gegönnt und mehr gegessen haben (dieser magische Trick funktioniert maximal etwa eine Woche lang).

Nahezu alle Sportler gönnen sich bei ihrem Training leichtere Phasen (einige nennen diese Entladephase), auch wenn dies signifikant davon abhängt, wie sie trainieren. Und diejenigen, die dies nicht tun, sollten es tun. Das durchschnittliche Schema besteht darin, drei Wochen lang intensiv zu trainieren und danach eine leichtere Woche einzulegen, während der Volumen, Intensität, Frequenz oder alle drei reduziert werden. Andere trainieren 5 bis 6 Wochen lang intensiv und legen dann eine leichte Woche ein. Bei meinem generischen Masseaufbauprogramm wechseln sich 2 Wochen leichtes Training mit 4 bis 6 Wochen Training, bei dem man alles gibt, ab und ich würde vorschlagen, dass man sich nach 3 solchen Zyklen (18 bis 24 Wochen) kontinuierlichem Training eine ganze trainingsfreie Woche gönnt.

Auf längere Zyklen von 16 bis 18 Wochen Länge folgen häufig Phasen von 5 bis 10 Tagen völlig ohne Training. Charlie Francis, ein außergewöhnlicher Sprinttrainer, gab seinen Sportlern häufig zwischen jedem 12 bis 16 Wochen Block 5 Tage völlig frei vom Training. Sie trainierten also über einen Zeitraum von 12 Wochen (mit einem Schema aus 3 Wochen hartem Training und einer leichten Woche) auf eine neue Maximalleistung hin und nahmen sich nach der letzten leichten Woche 5 Tage frei vom Training, um sich vollständig zu regenerieren, worauf das Ganze von vorne begann. Und trotzdem denken die meisten Freizeitsportler, dass sie das ganze Jahr über alles geben können (Bodybuilder sind hierfür berüchtigt).

Zusätzlich hierzu werden sich die meisten Sportler am Ende jeder Trainingssaison zwischen 2 und 4 Wochen Auszeit von Ihrem Sport nehmen, was als Übergangsphase bezeichnet wird (der Übergang von der vorhergehenden Trainingssaison zur nächsten). Dies wurde früher als Off-Season bezeichnet, während denen Sportler für ein oder zwei Monate nichts taten, doch bei solch langen Phasen verloren sie eine Menge an Fitness. Heute zutage liegt diese Zeitspanne eher bei 2 bis 4 Wochen, während denen jedoch eine gewisse Menge an Aktivitäten durchgeführt wird, um einen zu starken Verlust an Fitness zu vermeiden.

Ich möchte, dass Sie auf Ihr letztes Trainingsjahr zurückblicken. Wann haben Sie zuletzt eine längere Trainingspause eingelegt oder während ein bis zwei Wochen etwas völlig anderes gemacht? Bleiben Sie dem Fitnessstudio fern, gehen Sie in den Park und führen Sie einen Trainingszirkel mit dem eigenen Körpergewicht aus. Wandern Sie für etwas Beintraining durch die Berge. Tun Sie ganz einfach etwas anderes. Und haben Sie keine Angst davor, alle 3 bis 4 Monate 5 Tage leichtes Training auszuführen, um Ihrem Körper und Ihrem Geist eine Pause zu gönnen. Sie werden nichts verlieren und Sie werden vielleicht bemerken, dass Sie hierdurch eine Menge gewinnen, wenn Sie zurück ins Fitnessstudio kommen – sowohl physiologisch als auch psychologisch. Denn sein wir doch ehrlich, wenn das Training eine Pflicht ist und Sie sich nicht selbst antreiben, werden Sie sowieso keine Zuwächse erzielen. Sich etwas Auszeit von Ihrem Training zu gönnen, kann sowohl Ihren Geist als auch Ihren Körper erfrischen und Ihre Trainingbegeisterung steigern.

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Please enter your comment!
Please enter your name here