Der Zweite, so heißt es, ist schon der erste Verlierer. Auf Derek Lunsford trifft dies definitiv nicht zu. Seit seinem Vizetitel beim Mr. Olympia 2022 liegt ihm die Bodybuilding-Welt zu Füßen. Hier kommt ein Portrait des Mannes, den Experten schon als die Zukunft des Sports bezeichnet haben.
Wie Derek Lunsford zum Bodybuilding kam
Derek Lunsford wurde 1993 in einer Kleinstadt im US-Bundesstaat Indiana geboren. Als Kind spielte er Fußball, doch der schüchterne Junge fühlte sich im Teamsport nie wirklich wohl. So wechselte Lunsford an der Highschool zum Ringen. Hier lernte er erstmals, dass harte Arbeit direkt belohnt werden kann und viel Aufmerksamkeit von außen einbringt.
Nach dem Schulabschluss brachten ihm seine sportlichen Leistungen ein Stipendium für eine private Universität ein. Dort angekommen stellte Lunsford allerdings fest, dass er seine Zukunft nicht mehr ihm Kampfsport sah. Er wechselte nach dem ersten Semester zurück an ein College in seiner Heimat, wo er Betriebswirtschaft studierte. Da an dem Institut kein Ringen angeboten wurde, musste sich der Leistungssportler nach einer Alternative umsehen und landete schließlich im Kraftraum.
Bodybuilding war Lunsford eigentlich suspekt, doch nach und nach entwickelte er eine Leidenschaft für den Sport. Das harte, einsame Training und die ständigen Diäten waren ihm aus seinem vorherigen Athletenleben bekannt. Hier sah er seine Stärken.
Derek Lunsfords frühe Wettkampfkarriere
In einem Punkt unterscheidet sich Derek Lunsford von den meisten anderen Elite-Bodybuildern: Zu seinen Anfängen schien er nicht mit Talent gesegnet und konnte über längere Zeit kaum Erfolge erzielen. Erst durch die Zusammenarbeit mit seinem ersten Coach James Brown stellten sich sichtbare Resultate ein. Die fielen dann allerdings so überragend aus, dass sich Lunsford schnell die Teilnahme am Mr. Olympia zum Ziel setzte.
Im Jahr 2015 gab der damals 22-Jährige sein Debüt auf der NPC Indianapolis Championships. Mit knapp 70 Kilogramm sicherte er sich im Weltergewicht Anhieb den ersten Platz. Auch auf der NPC Junior Nationals im selben Jahr ging er als Sieger von der Bühne. Motivierende Anfangserfolge, nach denen er es sich zum Zielsetzte, jedes Jahr fünf bis zehn Kilo Muskelmasse zuzulegen.
Ein Jahr später wechselte Derek Lunsford ins Mittelgewicht. Auf der Junior Nationals wurde er Klassen- und Gesamtsieger. Auf der NPC USA Championships gewann er seinen ersten Wettkampf bei den Männern.
Derek Lunsfords Einstieg ins Wettkampfgeschehen gelang makellos. Die hochgesteckten Ziele schienen tatsächlich im Bereich des Möglichen zu liegen. Der nächste logische Schritt sollte die Pro Card sein.
Bei den IFBB Pros: Karriere in der 212
Mit dem ersten Platz auf der NPC USA Championship 2017 erhielt Lunsford, mittlerweile im Halbschwergewicht startend, die IFBB Pro Card. Nach dem Einstieg in die Pro League folgte der Wechsel in die 212er-Klasse. Mit knapp 168 cm Körpergröße war die Herausforderungen dennoch, das Gewichtslimit von 96 Kilo einzuhalten. Hierzu war vor allem ein striktes Diätmanagement für eine stets perfekte Form notwendig – Derek Lunsfords Spezialität!
Bei seinem Profidebüt auf der Tampas Pro 2017, nur wenige Tage nach dem Erhalt der Lizenz, belegte er auf Anhieb seinen schon zur Gewohnheit gewordenen Platz eins und qualifizierte sich direkt für den Mr. Olympia. Hier zog er ins Finale ein und wurde beeindruckender Fünfter.
Im darauffolgenden Jahr trat Derek Lunsford als ernsthafter Titelkandidat an. Als Zweiter musste er sich nur dem alles überragenden Flex Lewis, der damals seinen siebten Sieg in Folge einfuhr, geschlagen geben.
Für den Mr. Olympia 2019 hatte die ganze Bodybuilding-Welt inklusive Derek Lunsford selbst niemand anderen auf dem Zettel als den Vorjahres-Vize. Doch dann verlor dieser überraschend gegen den Libyer Kamal Elgargni. Der Rückschlag nahm den bis dato so siegesverwöhnten US-Amerikaner schwer mit. So ratlos und verunsichert verfehlte er 2020 mit Platz vier sogar die Medaillenränge.
Der erste Sieg beim Mr. Olympia
Nach einigen schwierigen Monaten bewies Derek Lunsford die Qualitäten eines Stehaufmännchens, auf die es im Profisport ankommt. Die Zwangspause während der Corona-Pandemie nutzte der gläubige Christ für ausführliche Selbstreflektionen. 2021 begann er die Zusammenarbeit mit Starcoach Hany Rambod und kehrte in einer nicht zu schlagenden Version seiner selbst nach Las Vegas zurück. Endlich reichte es für die Sandow – vor Elgargni und dem Titelverteidiger Shaun Clarida.
Der Wechsel in die offene Klasse
Wenige Monate später entschied sich der amtierende Champ gegen das Projekt Titelverteidigung in der 212. Er lag mittlerweile fast 20 Kilogramm über dem Gewichtslimit der 212er, die er hätte unmöglich für den Wettkampf abnehmen können. In einem Interview gab er an, in seiner alten Klasse keine persönlichen Weiterentwicklungschancen mehr zu sehen.
Bei einem Gastposing auf der Pittsburgh Pro konnte er im direkten Vergleich mit Stars der offenen Klasse wie Hunter Labrada oder Nick Walker feststellen, dass er durchaus mit dem Feld mithalten konnte. Mindestens. Den Special Invite, die ihm der IFBB für das Men’s Bodybuilding des Mr. Olympia 2022 aussprach, nahm Lunsford daher dankend an.
Der Mr. Olympia 2022: Derek Lunsford läutet eine neue Ära ein
Fans und Experten warteten entsprechend gespannt auf das Paket, das Derek Lunsford im Dezember 2022 präsentieren würde. Und sie wurden nicht enttäuscht.
Am Ende konnte nur der neue Mr. Olympia Hadi Choopan den ehemaligen 212-Athleten in die Schranken weisen – und das denkbar knapp. Aus der Scorecard des Wettkampfes geht hervor, dass ihn einige Judges sogar vor dem Iraner gesehen hatten.
In den beeindruckendem Ergebnis sehen viele nichts weniger als den Beginn einer neuen Zeitrechnung. Die Verschwendungssucht im Men’s Bodybuilding der letzten Jahre hatte viele Fans verschreckt und unter anderem zur großen Popularität der Classic Physique geführt. Dass das Kampfgericht nun Athleten belohnte, die nicht durch reine Masse, sondern durch Ästhetik überzeugen, wird als Zeichen für einen Richtungswechsel im IFBB gedeutet.
Derek Lunsford begeistert durch seine Linie und Symmetrie und vor allem durch die stets perfekte Konditionierung, die er sich in seiner Zeit in der gewichtslimitierten Klasse zwangsläufig erarbeiten musste. Mit nur fünf Jahren Wettkampferfahrung hat der Amerikaner gewiss in puncto Muskelreife noch Luft nach oben.
Der ehemalige 212er-Athlet wird also auch in den nächsten Jahren einer der spannendsten Bodybuilder der Welt bleiben. Und: 2023 wird er, soviel ist gewiss, als Titelaspirant antreten.
Autorin: Ulrike Hacker | Titelbild: Instagram
„der gläubige Christ“ – was hat dieser nichtssagende und manipulative Satz in einer Berichterstattung über BB und einem seiner Vertreter zu suchen? Ich würde bei der nächsten Berichterstattung auch die Blutgruppe und die Spendenbereitschaft, sowie die Mitgliedschaft in caritativen Vereinen erwähnen. Und natürlich darf man nicht vergessen zu erwähnen wenn man Tierliebhaber ist und Hund und Katze sein Eigen nennt – wenn schon , denn schon. Hilft sicher beim Aufbau einer Persönlichkeit. Und wenn ich mir die Vergleichsfotos 2015 und 2022 haben sicher neben viel Fleiß, Training, Plan und Disziplin noch anderes zum Aufbau beigetragen. Keine Frage, DL ist ein Superathlet und hat seine Platzierung und Respekt mehr als verdient. Doch was der Hinweis auf seine religiöse Ausrichtung soll, erschließt sich mir nicht. Lassen wir die Religion dort, wo sie hingehört – sicher nicht auf eine Wettkampfbühne.