Interview Roman Fritz: Was war in Rumänien anders?

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Kaum ein Athlet erlebte in diesem Jahr solch eine Achterbahn der Gefühle, wie der Deutsche Roman Fritz. Nachdem er mit großen Hoffnungen bei zwei Wettkämpfen in den USA antrat, brach der IFBB Pro nach einem dritten Wettkampf zunächst die Saison ab. Die Kritiker ließen nicht auf sich warten. Zum Teil wurde Roman Fritz das Profiniveau gänzlich abgesprochen. Mit der unerwarteten Rückkehr beim Romania Muscle Fest Pro überraschte der Schwergewichtsbodybuilder viele Beobachter. Im Interview erklärt Roman Fritz, was in Bukarest anders verlief und wie es weitergeht.

F: Nach Italien hattest du die Wettkampfsaison 2022 eigentlich bereits für beendet erklärt und wolltest deinem Körper Erholung geben. Wie kam es dazu, dass du dich doch dazu entschlossen hattest, so schnell wieder auf die Bühne zu gehen? Hatten Gespräche mit Max Madsen darauf einen Einfluss?

In den vier Wochen nach dem Italien-Wettkampf war ich mit allem raus. Training und Ernährung blieben auf Erhaltungsniveau. Die anschließende Zeit lief mit wenig Aufwand sehr ertragreich ab. Ich wurde massiver ohne dabei signifikant an Härte einzubüßen. Da kam ich dann auf die Idee, doch noch einen Wettkampf zu versuchen.

Ich schob, wenn man es so ausdrücken will, wieder alle Regler auf Anschlag und innerhalb kürzester Zeit war ich wieder hart, prall und massiv. Etwa Mitte Oktober entschied ich mich noch zwei weitere Wochen so durchzuziehen und dann zwei Wochen die Form zu konservieren.

Das alles lief ohne Einflüsse von Dritten ab. Natürlich ist meine Frau Mareen eine Person, mit der ich mich austausche, aber ansonsten gab es keine Einwirkung von außen. Ich wurde also weder beraten, noch hatte jemand mich umgestimmt oder ähnliches.

F: Mit Brett Wilkin stand ein namhafter Starter auf der Liste. Aus Deutschland hatte Enrico Hoffmann zuletzt nur knapp die Top 3 verfehlt. Welche Erwartungen hattest du an den Wettkampf in Rumänien?

Die anderen waren mir egal. Natürlich will man als Athlet immer gewinnen.

Aber in jedem Fall wollte ich so gut wie möglich abschneiden. Darüber hinaus wollte ich die Chance nutzen, ein wenig zu experimentieren, wie mein Körper auf eine neue Strategie reagiert.

F: Auf Instagram hattest du angekündigt, es mit dem Laden noch einmal anders anzugehen. Was genau hast du gemacht?

Im Grunde verfolgte ich denselben Ladeprozess, der sich auch schon in Italien als gut erwiesen hatte. Die Ausgangssituation war diesmal jedoch eine andere:

In Italien fing ich noch etwas entleert bei ca. 115 Kilogramm mit dem Prozess an. Dieses Mal war ich im Grunde schon ziemlich voll mit 123 Kilogramm und hatte sozusagen noch einen draufgelegt. So ein Vorgehen birgt immer das Risiko, das Fass zum Überlaufen zu bringen, doch dazu kam es nicht. Wer möchte, kann meine Ladestrategie also in meiner Italienvideoreihe nachvollziehen.

Im Prinzip habe ich durch den Wettkampf in Rumänien gelernt, dass eine Form, die ich bereits für voll hielt, noch lange nicht das Limit für mich wahr. Der Wettkampf in Bukarest war dahingehend in gewisser Weise eine Offenbarung.

Gleichzeitig war das aber eben auch ein gewisses Risiko. Vor Italien war ich bei -5, wenn man so will, und nach dem Laden bei 0. Rückblickend war da aber noch Luft. In Rumänien versuchte ich noch praller zu kommen. Auf der Skala auf 5 hochzugehen, was eben auch hätte scheiße werden können. Da gehörte schon eine gewisse Überwindung dazu.

F: In Bukarest standst du dann zunächst in der Mitte neben dem späteren Sieger aus dem Iran. Was ging in dem Augenblick in deinem Kopf vor?

Dass ich da richtig stehe. – Wie ich schon sagte, will man als Wettkampfathlet immer gewinnen. Gepaart mit meinen Eindrücken hinter der Bühne und der Tatsache, dass ich so prall und dennoch hart wie noch nie war, fühlte ich mich in diesem Augenblick nur bestätigt.

F: Noch während des First Call Outs tauschte man die Positionen. Im Finale hatte man dich dann ganz aus der Top 6 gesetzt. Wie hast du das im Augenblick des Wettkampfs wahrgenommen?

Mein erster Gedanke war: „Ach fuck… bin wohl doch immer noch zu dünn. Naja… wenigstens im ersten Callout!“ Mit etwas Abstand und einem Blick auf die Bilder und Videos vom Wettkampf denke ich aber, dass ich mehr als konkurrenzfähig war.

F: Was haben die Judges gesagt, woran diese Entscheidung lag?

„Very good conditioned. Eye catcher from the front. Back is wide but needs mor details and thickness. Also hamstrings need to come up. Therefore 8th is what I deserve.“

Kurz gesagt also: Die Judges waren der Ansicht, dass meine Härte hervorragend war und auch die Frontansicht zu gefallen wusste, ich aber die Rückansicht verbessern müsse.

Im Internet wird zum Teil geschrieben, dass in Rumänien der beste Roman aller Zeit auf der Bühne gestanden hat. Wie nimmst du die Form rückblickend selbst wahr?

Wie ich schon sagte, Rumänien war dahingehend für mich ein Augenöffner, dass ich offenbar doch praller auf der Bühne stehen kann, als ich erwarte hätte. Wohlbemerkt, ohne dabei meine Härte zu verlieren. Bukarest war bisher mein schwerstes Paket, das ich auf die Bühne gebracht habe. Nicht nur in Anbetracht der Umstände der letzten Jahre war das der beste Roman Fritz, den eine Wettkampfjury bisher zu sehen bekam.

F: In zwei Wochen gibt es in Spanien die erste Chance, sich für den Mr. Olympia 2023 zu qualifizieren. Die Top 5 erhält wichtige Punkte für das Ranking. Willst du in Spanien an den Start gehen und falls ja, wie sieht deine Strategie bis dahin aus?

Ich werde sehen, wie sich der Wasserhaushalt und das Gewicht im Laufe der Woche einpendeln und dann entscheiden. Jeder, der bereits einmal einen Bodybuildingwettkampf bestritten hat, wird wissen, dass die körperlichen Reaktionen manchmal unvorhersehbar sind. Es klappt nicht immer alles so, wie man es sich in der Theorie vorstellt.

Fest steht aber, dass ich Lust hätte.

Interview: Dr. Frank-Holger Acker | Titelbild: Youtube

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