Zucker ist ungesund, so das gängige Credo heutzutage. Aber was tun, wenn man dennoch nicht auf Süße verzichten will? Süßstoffe wären eine logische Alternative, jedoch haben diese (weitgehend unbegründet) nicht den besten Ruf. Honig hingegen wird gerne als Superfood verkauft, als die gesunde Alternative zum klassischen Zucker. Doch stimmt das überhaupt?
Vom Nektar zum Honig
Die Bienen tragen maßgeblich zur Bestäubung vieler Pflanzen bei. Als Gegenleistung erhalten sie von den Pflanzen Nektar, der ihnen als Nahrung, aber auch als Nahrung für den Nachwuchs und Material zum Nestbau dient. Die Arbeiterbienen saugen also den Nektar aus den Blüten und lagern ihn in ihrer Honigblase zwischen, wo die komplexen Zuckerketten durch Enzyme aufgespalten und Proteine sowie keimtötende Substanzen hinzugefügt werden.
Im Bienenstock angekommen, gibt die Biene dann den verbleibenden Teil des Nektars an andere Bienen weiter. Dieser Prozess wiederholt sich mehrfach und jedes Mal wird dabei der Flüssigkeitsanteil reduziert, solange bis am Ende der Honig, wie wir ihn kennen, übrigbleibt und in den Waben des Bienenstockes gelagert wird.
Honig ist süßer als Zucker
Handelsüblicher Honig besteht durchschnittlich zu rund 80 Prozent aus Zucker und hat trotzdem die 1,2-fache Süßkraft von dem klassischen Haushaltszucker Saccharose. Das heißt auch: Wer Zucker durch die gleiche Menge Honig ersetzt, spart Kalorien und erhält sogar ein süßeres Ergebnis. Ein klares Argument pro Honig also.
Honig ist nicht gleich Honig
Der im Honig enthaltene Zucker teilt sich primär auf Dextrose und Fruktose auf. In welchem Verhältnis, das kommt auf die jeweilige Sorte an. So liegt der Fruktoseanteil im Akazienhonig bei 43,5 Prozent, der Spitzenwert. Den höchsten Dextroseanteil weißt hingegen Rapshonig mit 38,9 Prozent auf. Rapshonig gilt im Übrigen als der am besten verdaubare Honig, da das Verhältnis von Fruktose und Dextrose weitgehend ausgeglichen ist.
Den höchsten glykämischen Index aller Honigsorten hat Waldhonig, insbesondere solcher aus Nadelbaumregionen, da diese reich an Honigtau sind, welcher wiederum große Mengen des Dreifachzuckers Melezitose enthält. Generell ist festzuhalten, dass Honig als reines Naturprodukt immer gewissen Schwankungen im Bereich der Inhaltsstoffe unterliegt.
Wundheilungsfördernde Eigenschaften
Doch Honig ist in den Augen vieler Menschen weit mehr als ein etwas kalorienärmerer Ersatz für Zucker. Honig gilt als Heilmittel. Hierbei wird primär auf die antiseptische Wirkung von Honig verwiesen, die in der Tat vorhanden ist, da die Bienen dem Honig das Enzym Glucose-Oxidase hinzufügen, welches aus dem Zucker ständig kleine Mengen Wasserstoffperoxid bildet.
Da dieser Prozess ständig stattfindet, sind deutlich geringere Dosierungen als bei klassisch pharmazeutischem Wasserstoffperoxid notwendig. Diesen Umstand machen sich mittlerweile viele Kliniken im Bereich der Wundversorgung zu Nutzen.
Der sogenannte Medihoney, ein mit CE-Siegel geprüftes Medizinprodukt der auch als Manuka-Honig bekannt ist (dazu später mehr), besteht aus zwei verschiedenen Honigsorten, einer, die vergleichsweise viel Wasserstoffperoxid bildet und dem sogenannten Leptospermum-Honig, einem speziellen Honig, der in Neuseeland und Australien gewonnen wird.
Im klinischen Bereich ist das besonders spannend, da man es hier mittlerweile häufig mit multiresistenten Keimen zu tun hat, die gegen die meisten Antibiotika immun sind. Jedoch sollte niemand auf die Idee kommen, offene Wunden mit handelsüblichem Honig zu behandeln, da dieser Bakteriensporen enthalten kann.
Nicht überbewerten
Nicht überbewerten sollte man jedoch die Wirksamkeit von über die Nahrung zugeführtem Honig. Zwar enthält Honig in der Tat viele gesundheitsfördernde Nähr- und Mineralstoffe, beispielsweise Natrium, Kalium, Magnesium, Kalzium, Eisen und auch einige Vitamine, jedoch fast immer so geringen Mengen, dass ein medizinischer Nutzen nicht abgeleitet werden kann.
Allergiker aufgepasst
Allergiker sollten beim Verzehr von Honig vorsichtig sein, denn Honig kann bis zu 0,5 Prozent Pollen enthalten. Und auch Verunreinigungen durch Umweltgifte sind bei Honig als reinem Naturprodukt nicht gänzlich auszuschließen.
Der Hype um Manuka-Honig
In den letzten Jahren entstand ein enormer Hype rund um den sogenannten Manuka-Honig, der von Bienen aus dem Nektar der Südseemyrte gewonnen wird. Der antibakterielle Effekt des Honigs wurde in-vitro nachgewiesen. Als Ursache vermuten die Forscher das enthaltene nicht-peroxidisch antibakteriell wirksame Zuckerabbauprodukt Methylglyoxal (MGO), dessen Konzentration bis zu 100-fach höher sein kann als in handelsüblichem Honig.
Das ist jedoch nicht nur positiv zu sehen, denn die toxikologische Unbedenklichkeit des Methylglyoxals wird in der Wissenschaft kontrovers diskutiert, wenngleich die Verwendung in Form des sogenannten Medihoneys in der klinischen Anwendung als sicher gilt. Für weitere Anwendungsgebiete ist die Forschungslage indes weniger eindeutig. Zudem ist echter Manuka-Honig sehr teuer: Über 100 Euro je Glas werden in der Regel fällig.
Fazit: Honig ist gut, aber…
Honig ist vor allem eines: lecker! Jedoch sollte man sich nicht blenden lassen: Auch wenn Honig eine etwas kalorienärmere Alternative zu klassischem Haushaltszucker ist, so ist er keineswegs eine große Diäthilfe beim Versuch Zucker zu sparen.
Die wundheilungsfördernden Eigenschaften spezieller Honigsorten sind wissenschaftlich belegt, jedoch sollte man nicht auf die Idee kommen, selbständig und ohne ärztliche Rücksprache offene Wunden mit Honig zu behandeln.
Ob sich der gehypte Manuka-Honig für den Heimgebrauch lohnt, muss jeder selbst entscheiden. Man sollte jedoch bedenken, dass es durchaus berechtigte Bedenken hinsichtlich gesundheitlicher Risiken durch den Methylglyoxalgehalt gibt.
Autor: Thomas Koch | Titelbild: Pixabay