Doggcrapp-Training: maximale Intensität

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Trainingssysteme gibt es wie Sand am Meer. Jeder Coach, der etwas auf sich hält, wirbt im Web mit seinem persönlichen Ansatz, der alle anderen Herangehensweisen in den Schatten stellen soll. Nicht so Dante Trudel, der gar kein Bestreben hatte, sein System der breiten Masse zugänglich zu machen. Das Doggcrapp Training erlangte dennoch viel Aufmerksamkeit.

Dante Trudel: Erfinder des Doggcrapp-Trainings

Dante Trudel, ein amerikanischer Powerlifter und Bodybuilder, hat das hinter sich, was viele Trainierende kennen dürften: Man trainiert und trainiert und trainiert, aber so wirklich zufrieden ist man mit den Ergebnissen nicht.

Für Trudel war diese Erkenntnis ein klares Zeichen dafür, dass die klassisch volumenorientierten Ansätze, nach denen er bislang trainiert hatte, ihn nicht weiterbringen. Er beschäftigte sich daher mit Trainingssystemen, die den Fokus mehr auf die Intensität denn auf das Volumen legen, las sich in das HIT-Training und das Heavy Duty-Training ein, orientierte sich an Athleten wie Mike Mentzer und Dorian Yates.

Letztlich kam Dante Trudel zu dem Ergebnis, dass ein Trainingssystem, das nachhaltige Ergebnisse auch für fortgeschrittene Athleten liefert, vier Kriterien erfüllen muss:

  1. Hohe Frequenz
  2. Maximale Intensität
  3. Intensives Stretching
  4. Anhaltende Progression

Aufbauend auf dieser Erkenntnis konzipierte er das DC-Training, welches sich explizit an deutlich fortgeschrittene Athleten, durchaus auch mit pharmazeutischer Unterstützung, richtet.

Frequenz: Warum es nicht reicht, einen Muskel einmal pro Woche zu trainieren

Die Frage nach der Höhe eines Trainingssplits und damit verbunden auch die Frequenz, in der ein Muskel trainiert wird, spaltet seit jeher die Bodybuildinggemeinde. Die einen plädieren für einen hohen Split, damit der Muskel nach einem intensiven Training ausreichend Zeit zur Regeneration hat.

Die anderen halten es für viel wichtiger, die Frequenz der Trainingsreize zu erhöhen. Zur letzten Gruppe gehört Dante Trudel, wodurch sein Ansatz sich doch recht grundlegend von anderen hochintensiven Ansätzen wie beispielsweise dem HIT-Training unterscheidet.

Trudel setzt im DC-Training fast ausnahmslos auf einen 2er Split, mit dem man pro Woche in der Regel drei bis vier Trainingseinheiten absolviert. Auf diese Weise sollen die Wachstumsreize maximiert werden. Im Sinne der Regeneration wird das Volumen im Gegenzug auf ein Mindestmaß heruntergefahren, vor allem um das Zentrale Nervensystem nicht zu überstrapazieren.

In ganz seltenen Fällen setzte Trudel auf einen 3er Split, der jedoch im DC-Kosmos ein absoluter Exot ist.

Intensität: Bis ans Limit und darüber hinaus

Intensität und Volumen stehen in jedem Trainingssystem in Konkurrenz zueinander. Umso höher das Volumen, desto niedriger zwangsläufig wird die Intensität sein. Der klare Fokus auf Intensität bedingt daher eine maximale Reduktion des Volumens. Daher wird im DC-Training pro Muskelgruppe in der Regel nur eine einzige Übung mit einem einzigen Arbeitssatz mit durchschnittlich elf bis 15 Wiederholungen durchgeführt.

Um diesen Satz vollumfänglich zu nutzen, wird dieser Satz als Rest-Pause-Satz ausgeführt. Das bedeutet, dass der Satz bis zum absoluten positiven Muskelversagen ausgeführt wird, worauf eine etwa zehnsekündige Pause folgt. Danach geht es erneut bis zum Muskelversagen, es wird erneut pausiert, um danach ein letztes Mal bis zum Muskelversagen zu trainieren.

Auf diese Weise ist es möglich, das Volumen des Satzes trotz maximaler Intensität deutlich zu erhöhen. Wer also beispielsweise maximal acht Wiederholungen Bankdrücken mit 100 Kilogramm schafft, der kann mit dieser Methode noch sicherlich zwei bis drei Wiederholungen nach der ersten und ein bis zwei Wiederholungen nach der zweiten Pause hinzufügen. In Summe landet man dann im gewünschten Fenster von elf bis 15 Wiederholungen.

Wem das noch nicht reicht, der kann ganz am Ende noch statische Wiederholungen hinzufügen. Trudel empfiehlt das jedoch nur sehr weit fortgeschrittenen Athleten. Das beschriebene Schema gilt für fast alle Übungen, jedoch gibt es Ausnahmen.

Die Ausnahmen im Doggcrapp Training

Kniebeugen werden mit zwei Sätzen ausgeführt. Der zweite Satz wird dabei als sogenannter Widowmaker absolviert. Hinter der Bezeichnung verbirgt sich ein Satz Atemkniebeugen, bei dem durch die kurzen Pausen zwischen den Wiederholungen die maximal mögliche Zahl von Wiederholungen von zwölf auf im Idealfall 20 erhöht wird.

Bei vorgebeugten Rückenübungen erschien Trudel das Verletzungsrisiko bei Rest-Pausen als zu hoch, weshalb er hier zwei reguläre Sätze empfiehlt, den ersten im Bereich von acht, den zweiten im Bereich zehn bis zwölf Wiederholungen.

Speziell ist auch die Empfehlung für Kreuzheben mit gestreckten Beinen, das am Ende des Workouts mit vier Sätzen zu je sechs Wiederholungen ausgeführt wird.

Noch spezieller ist die Empfehlung für das Wadentraining: Zehn bis 15 extrem langsame Wiederholungen mit einer Gesamtdauer pro Wiederholung von 15 bis 20 Wiederholungen und einem Fokus auf den maximalen Stretch.

Stretching: Die Extrameile

Hat man seinen Satz mit maximaler Intensität endlich geschafft, ist er dennoch noch nicht wirklich zu Ende, denn es folgen bis zu 60 Sekunden Stretching. Wer jetzt an entspanntes lockeres Dehnen denkt, liegt gnadenlos daneben. Die sogenannten Extreme Stretches bedeuten bis ans Maximum getriebene Dehnung, häufig unter Zuhilfenahme von zusätzlichem Equipment. So kann die Brust mit Kurzhanteln in der unteren Endposition von Fliegenden gedehnt werden.

Bleibt die Frage, welchen Effekt sich Dante Trudel von diesem schmerzhaften Add on verspricht. Zum einen glaubt er, auf diesem Weg eine Dehnung der Faszien zu erreichen, zum anderen glaubt er, dass dieses maximalintensive Stretching die Regeneration fördert.

Progression: Beat the log

Trudel betont immer wieder die Bedeutung progressiver Steigerung. Um diese zu erzwingen, lautet das oberste Credo im Doggcrap-System: Beat the log! Aber was heißt das? Ganz einfach:

In jeder Einheit muss die Leistung der vorherigen übertroffen werden. Wenn das nicht gelingt, wird die Übung zwingend aus dem Plan rausgeschmissen und durch eine andere ersetzt.

Nun ist Dante Trudel auch bewusst, dass es kaum möglich ist, sich in einem 2er-Split bei zwei Einheiten pro Woche konstant über einen längeren Zeitraum zu steigern, wenn von Anfang an maximale Intensität gefordert wird. Aus diesem Grund gibt es deutliche Empfehlungen zur Übungsauswahl: Trudel empfiehlt komplexe Übungen, die das Verwenden hoher Gewichte ermöglichen.

Der Grund ist recht banal: Nehmen wir einmal an, man bewegt in der Shoulderpress im vorgegebenen Wiederholungsbereich 80 Kilogramm, beim Seitheben 15 Kilogramm. Beim Seitheben wäre in den meisten Gyms der nächste Sprung die 17,5 Kilogramm, was immens ist. Die Shoulderpress kann man zumeist im Bereich von fünf Kilogramm steigern, mit Zusatzgewichten jedoch auch in kleineren Bereichen wie 2,5 oder 1,25 Kilogramm. Die prozentualen Steigerungen sind also viel geringer. Allgemein sind Maschinen im Rahmen von DC immer eine gute Idee, da sie ein Training am absoluten Limit erlauben, ohne Sicherheitsrisiken einzugehen.

Eine weitere Vorgabe, um die dauerhafte Progression zu unterstützen, ist der komplexe Aufbau des Trainingsplans: Von jedem Workout gibt es drei verschiedene Varianten, in denen mit unterschiedlichen Übungen trainiert wird.

Der Doggcrap-Trainingsplan: Alles, nur nicht gewöhnlich!

Wer bei einem 2er-Split an Oberkörper/Unterkörper oder Push/Pull dachte, liegt falsch. Vielmehr hat Dante Trudel sich einen ganz speziellen Trainingsplan ausgedacht:

  • Einheit 1: Brust, Schulter, Trizeps, Rückenbreite, Rückendichte
  • Einheit 2: Bizeps, Unterarme, Waden, Beinbizeps, Quadriceps

In der Praxis könnte ein DC-Trainingsplan folgendermaßen aussehen:

Einheit 1a

  • Negativbankdrücken an der Multipresse 11 – 15 Wdh. (RP)
  • Shoulderpress 11 – 15 Wdh. (RP)
  • enges reverses Bankdrücken 11 – 15 Wdh. (RP)
  • Pulldowns Maschine 15 – 20 (RP)
  • Kreuzheben 4 – 6 + 10 – 12

Einheit 2a

  • SZ-Curls 20 – 30 Wdh. (RP)
  • reverse Langhantelcurls 15 – 20 Wdh. (RP)
  • Wadenpressen sitzend 12 Wdh.
  • Legcurl liegend 15 – 20 Wdh. (RP)
  • Kniebeugen Multipresse 4 – 6 + 20 (WM)

Einheit 1b

  • Chestpress 11 – 15 Wdh. (RP)
  • Military Press 11 – 15 Wdh. (RP)
  • Dips 15 – 20 Wdh. (RP)
  • Latzug Untergriff 11 – 15 Wdh. (RP)
  • Vorgebeugtes Langhantelrudern 4 – 6 + 10 – 12

Einheit 2b

  • Langhantelcurls 15 – 20 Wdh. (RP)
  • Hammercurls 15 – 20 Wdh. (RP)
  • Donkeywadenheben 12 Wdh.
  • Frontkniebeugen 4 – 6 + 20 (WM)
  • Kreuzheben mit gestreckten Beinen 4 x 6

Einheit 1c

  • Schrägbankdrücken an der Maschine 11 – 15 Wdh. (RP)
  • Frontdrücken Multipresse 11 – 15 Wdh. (RP)
  • French Press 15 – 20 Wdh. (RP)
  • Latzug neutraler Griff 11 – 15 Wdh. (RP)
  • Kabelrudern 11 – 15 Wdh. (RP)

Einheit 2c

  • Scottcurls SZ 15 – 20 Wdh. (RP)
  • reverse Kabelcurls 20 – 30 Wdh. (RP)
  • Wadenheben stehend 12 Wdh.
  • Legcurl sitzend 15 – 20 Wdh. (RP)
  • Kniebeugen 4 – 6 + 20 (WM)

RP = Rest-Pause             WM = Widowmaker

Blast und Cruise beim Doggcrapp-Training

Wie man sich vorstellen kann, ist diese Art des Trainings auf Dauer sehr fordernd. Dante Trudel schreibt daher regelmäßige Deloads, die er Cruise nennt, vor. Nach jeder Trainingsphase, genannt Blast, mit einem Zeitraum von sechs bis maximal zwölf Wochen folgt ein ein- bis zweiwöchiger Cruise.

Viel hilft viel

Während das Training doch recht minimalistisch daherkommt, setzt Trudel in anderen Bereichen auf das Motto „Viel hilft viel“. So ist er ein absoluter Befürworter einer sehr hohen Kalorienzufuhr. Vier Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht dürfen es gerne sein, auch Kohlenhydrate und Fette sollten in ordentlicher Menge zugeführt werden, jedoch zeitlich voneinander getrennt.

Wenig Zurückhaltung kennt Trudel auch in Sachen Supplementation: Alles, was hilft, die Regeneration zu fördern, die Trainingsleistung zu steigern und das Immunsystem zu verbessern, darf und soll in großen Mengen zugeführt werden.

Eine weitere Maßnahme, die die Regeneration verbessern soll, ist regelmäßiges Cardio. An trainingsfreien Tagen sollte lockeres Cardio im Bereich von 30 bis 45 Minuten durchgeführt werden. Das Ausdauertraining dient zudem der Herzgesundheit und soll ein übermäßiges Verfetten verhindern.

Zur Verbesserung der Regeneration und der kardiovaskulären Gesundheit sowie, um einer übermäßigen Zunahme an Körperfett vorzubeugen, empfiehlt Dante Tudel an trainingsfreien Tagen Cardiotraining in Form von lockerem Walking auszuführen. Dabei wird eine Dauer von 30 bis 45 Minuten je Einheit angepeilt.

Keine Diskussionen

Im Rahmen der Vorgaben kann man relativ frei entscheiden, beispielsweise bei der Übungsauswahl. Wer jedoch auf die Idee kommt, an den generellen Vorgaben des Systems herumspielen zu wollen oder nach wissenschaftlichen Belegen für dieses System fragt, wird bei Dante Trudel und seiner Community auf wenig Gegenliebe stoßen. Das System ist wie es ist, es spiegelt schlicht Trudels Erfahrungen wider. Entweder man nimmt, was man vorgesetzt bekommt, oder man macht schlicht kein DC.

Dieser Gedanke passt gut mit der definierten Zielgruppe zusammen: weit fortgeschrittene, durchaus auch pharmazeutisch unterstützte Athleten, die bereits vieles ausprobiert haben.

Fazit zum Doggcrapp Training

Auch wenn der Hype um DC, der vor gut zehn Jahren das Web flutete, nachgelassen hat, ist das System für die definierte Zielgruppe durchaus einen Versuch wert. Anfänger sollten tatsächlich andere Systeme auswählen, da es doch einiges an Erfahrung braucht, bei sauberer Technik komplett ans Limit zu gehen.

Ob man sich dann dogmatisch an die Vorgaben hält oder eigene Anpassungen vornimmt, bleibt letztlich jedem selbst überlassen. Wer jedoch das Doggcrapp Training fair bewerten will, sollte sich auch wirklich für einen längeren Zeitraum exakt an die Vorgaben halten.

Autor: Thomas Koch | Titelbild: Matthias Busse

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